OMV-Chef mit Hassliebe zu Norwegen

OMV AG Chief Executive Officer Rainer Seele Interview
OMV AG Chief Executive Officer Rainer Seele Interview(c) Bloomberg (Lisi Niesner)
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OMV-Chef Rainer Seele will bei dem Ölkonzern die Vergangenheit aufarbeiten. Vor allem Norwegen sieht er als teuren Fehlgriff. Dabei hat er zuvor mit Wintershall selbst dorthin expandiert.

Wien. Man hat sich Rainer Seele, der im Juli des Vorjahres vom deutschen Energiekonzern Wintershall nach Wien gewechselt ist, um die einheimische OMV strategisch neu auszurichten, bisher allem Anschein nach zu eindimensional vorgestellt. Als Freund der Russen wird er gesehen, hat er doch als Chef von Wintershall über viele Jahre intensiv mit der russischen Gazprom zusammengearbeitet.

Nun will er auch die OMV aus ihrer Fokussierung auf das teure Norwegen lösen und enger an das günstigere Russland binden, indem er sie zu einem Tausch von Vermögenswerten (Asset-Swap) mit Gazprom führt. Vor allem die von seinem Vorgänger, Gerhard Roiss, für drei Mrd. Dollar (2,75 Mrd. Euro) gekauften Anteile an norwegischen Ölfeldern liegen dem Deutschen schwer im Magen, weil damit auch Verpflichtungen zu Investitionen von sieben Mrd. Dollar verbunden sind, die angesichts des Ölpreisverfalls schwer zu stemmen sind.

Seeles Vergangenheit

Was aber hierzulande bisher nicht wahrgenommen worden ist, ist Seeles eigene Vorliebe für Norwegen. Zumindest bis zu seinem Wechsel zur OMV. Als Wintershall-Chef hatte er im Jahr 2013 einen milliardenschweren Asset-Tausch mit dem norwegischen Staatskonzern Statoil vollzogen. Ein Jahr später kaufte das deutsche Unternehmen abermals für rund 1,3 Mrd. Dollar Anteile an mehreren Feldern im skandinavischen Land. Und noch knapp vor Seeles Wechsel zur OMV kam Wintershall mit seinen Partnern überein, rund 1,8 Mrd. Euro in die Entwicklung des Ölfeldes Maria in der Norwegischen See zu investieren. Heute hält Wintershall über 60 Lizenzen in Norwegen und ist damit viertgrößter Lizenzhalter im Land.

Zwar muss Wintershall nicht so viel Geld für Investitionen wie die OMV in die Hand nehmen. Bis 2019 aber sind es doch auch zwei Mrd. Euro, die nach Norwegen fließen – immerhin die Hälfte von jenen vier Mrd. Euro, die Wintershall in den kommenden vier Jahren investiert. Die Kasseler wollen mit dem Schritt eines der führenden Öl- und Gasunternehmen in Norwegen werden und damit ihre Abhängigkeit von Russland und Libyen reduzieren. So zumindest formulierte Seele es selbst, wohlgemerkt gleich zu Beginn dieses Vorhaben: „Wir sind vom Potenzial des norwegischen Kontinentalschelfs überzeugt und haben unser Ziel fest im Blick: Wir wollen eines der führenden Öl- und Gasunternehmen in Norwegen werden“, sagte er schon zu Beginn der Expansion nach Norden: „Mit der heimischen Produktion in Europa stärken wir die europäische Versorgungssicherheit.“

Wintershalls Gegenwart

Das politische Chaos in Libyen hatte Wintershall tatsächlich gleich wie die OMV dazu gezwungen, aus Nordafrika in andere Weltgegenden zu gehen. Neben Norwegen war dies für Seele die Ausweitung des Engagements in Russland. Ein von ihm vorbereiteter Asset-Swap mit Gazprom wurde – nach kurzer, politisch bedingter Verzögerung - im Herbst des Vorjahres unter Dach und Fach gebracht. Wintershall trennte sich dabei von den Gashandels- und Speicheraktivitäten, was mit ein Grund für den Umsatzrückgang 2015 war.

Dass ein Engagement in Norwegen plötzlich so umstritten ist, liegt am dramatischen Ölpreisverfall. Die OMV musste deshalb im Herbst eine Milliarde Euro und dieser Tage nochmals 1,8 Mrd. Euro an Abschreibungen und Rückstellungen vornehmen. Bei der Wintershall-Mutter BASF musste das Segment Öl und Gas mit 600 Millionen Euro wertberichtigt werden.

Weitere Details wollte man auf Anfrage nicht bekannt geben und vertröstete auf die Bilanz-Pressekonferenz Ende Februar 2016. Im Übrigen deutete ein Sprecher einen langen Atem an: „Grundsätzlich basieren unsere Investitionsentscheidungen und Aktivitäten auf einer langfristigen Einschätzung des Ölpreises, da etwa zwischen der Entdeckung einer Lagerstätte und der Produktionsaufnahme gut zehn Jahre liegen können.“

AUF EINEN BLICK

In den Zeiten des hohen Ölpreises expandierte nicht nur die OMV nach Norwegen. Auch der deutsche Energiekonzern Wintershall, der bis 2015 vom jetzigen OMV-Chef Rainer Seele gemanagt wurde, strebte in das skandinavische Land. Wintershall ist dort viertgrößter Lizenzhalter. Der Ölpreisverfall macht nun die Produktion teuer. Zwei Milliarden Euro wollen die Deutschen dort in den kommenden vier Jahren investieren, während die OMV sieben Mrd. Euro in die Hand nehmen muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2016)

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