NGO: Syrische Flüchtlingskinder nähten für H & M

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Britische Menschenrechtler berichten, in türkischen Firmen würden Flüchtlinge, darunter Kinder, illegal und unter schlechten Bedingungen arbeiten. Mehrere renommierte Konzerne bestätigen solche Vorfälle bei Zulieferern.

London/Stockholm/Ankara. Syrische Flüchtlingskinder sollen laut einer Menschenrechtsorganisation in türkischen Textilfabriken für große internationale Bekleidungsketten gearbeitet haben. Die Unternehmen H & M aus Schweden und Next aus Großbritannien hätten demnach festgestellt, dass in einigen ihrer türkischen Zulieferbetriebe minderjährige Syrer arbeiteten, teilte die britische Menschenrechtsorganisation Business and Human Rights Centre in der Nacht auf Dienstag mit.

Die erwähnten Firmen hätten sich inzwischen zwar tatsächlich um das Problem gekümmert, andere große Bekleidungsunternehmen allerdings nicht. Bei einer Umfrage unter 28 Textilfirmen zum Problem der illegalen Beschäftigung von Flüchtlingen hätten lediglich zehn Unternehmen umfassende Informationen geliefert, erklärte die Organisation am Montag. Fünf Unternehmen hätten überhaupt nicht geantwortet.

„Unsichtbare“ Arbeitskräfte

Für manche Firmen seien die Flüchtlinge in den Werkstätten „unsichtbar“, beklagten die Menschenrechtsaktivisten. „Nur wenige große Bekleidungsmarken unternehmen die nötigen Schritte, um Flüchtlinge in ihrer Produktionskette zu schützen.“
Den Angaben zufolge erklärten immerhin vier der befragten Bekleidungsunternehmen, sie hätten festgestellt, dass in Zulieferbetrieben illegal Flüchtlinge beschäftigt waren oder sind. H & M gab demnach an, dies sei in einer türkischen Fabrik der Fall gewesen, Auch Next berichtete von Fällen in zwei türkischen Fabriken.

Schätzungen zufolge sollen 250.000 bis 400.000 Flüchtlinge vor allem aus dem Bürgerkriegsland Syrien illegal in der Türkei arbeiten – in der Regel unter problematischen Bedingungen und für sehr wenig Lohn. Die Organisation verwies darauf, dass die türkische Regierung zwar inzwischen Arbeitsgenehmigungen für Syrer angekündigt habe, trotzdem blieben viele arbeitende Flüchtlinge wohl weiterhin in der Illegalität.

2,5 Millionen Syrer in Türkei

In der Türkei leben momentan etwa 2,5 Millionen syrische Flüchtlinge. Gemäß den neuen rechtlichen Regeln des türkischen Staates sollen diese die Möglichkeit haben, sechs Monate nach Zuerkennung eines temporären Schutzstatus ein ordentliches Arbeitsvisum zu beantragen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

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