Flughafen Wien: Skylink lief schon 2006 aus dem Ruder

(c) Die Presse (Teresa Zötl)
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Ein Jahr nach Baubeginn sollen der Termin- und der Kostenplan für den neuen Terminal bereits kräftig gewackelt haben. Die Grünen wollen nun die Staatsanwaltschaft einschalten.

Wien. Die offizielle Baustopp für den neuen Terminal Skylink des Wiener Flughafens ist erst einen Tag alt – da werden brisante Details zu dem Millionendebakel bekannt. Vor allem die Beteuerungen von Flughafen-Boss Herbert Kaufmann, der Vorstand (Kaufmann, Gerhard Schmid und der vorzeitig ausgeschiedene Finanzvorstand Christian Domany) sei erst im Februar von Kostenüberschreitungen und massiven Verzögerungen informiert worden, erregen bei involvierten Firmen Erstaunen.

Denn laut der „Presse“ vorliegenden Unterlagen muss der Flughafen-Führung schon ein Jahr nach Baubeginn, also Ende 2006, bekannt gewesen sein, dass es zu massiven Kostenüberschreitungen und Zeitverzögerungen kommen werde. Den Beweis dafür liefert die Firma TBP Piesslinger, ein international tätiges Planungsbüro für Anlagenbau mit Sitz in Linz.

Die TBP wurde im November 2006 angesprochen – und zwar von der Arge Skylink, wie TBP-Geschäftsführer Ferdinand Wimmer der „Presse“ erzählt. Anlass war der Wunsch eines Angebots über die Fortführung der Ausführungsplanung der Firma Freudensprung – jenes Planers für Gebäudetechnik, mit dessen Leistung man offenbar nicht mehr zufrieden war. Detail am Rande: Auf die TBP ist der Flughafen aufmerksam geworden, weil sie die Firma Freudensprung übernehmen wollte. „Dies kam aber nicht zustande, weil Freudensprung ein massiver Sanierungsfall war“, sagt Wimmer.

Ende 2006 war laut Wimmer der Rohbau fertig, und auch die Ausführungsplanung für die Gebäudetechnik erstellt, allerdings war diese „nur begrenzt verwendbar“. Die Ausfertigung sei „mangelhaft und unvollständig“ gewesen, weshalb Stehzeitkosten von 500.000 Euro pro Monat die Folge waren. Das war Ende 2006. „Schon damals war fixiert, dass die Eröffnung vom 31. Oktober 2008 auf 31. März 2009 verschoben wird“, erinnert sich Wimmer anhand seiner Unterlagen. „Wir, die TBP, hätten die Entwürfe von Freudensprung überarbeiten, die Ausführungsplanung neu machen und die Montageplanung überprüfen sollen.“

Am 13. Dezember 2006 sei der TBP aber mitgeteilt worden, dass man sich nicht für die TBP, sondern die Firma Ortner entschieden habe. Für Wimmer war diese Wahl die ungünstigste – nicht, weil seine Firma unterlegen war. „Eine Vergabe an ausführende Firmen bei diesem Planungsstand (Rohbau fertig, Anm.) ist unserer Erfahrung nach die ungünstigste Lösung und auch unüblich, da die Interessen der Lieferanten und nicht jene des Auftragsgebers im Vordergrund stehen.“ Nachsatz: „Seitens des Flughafens gab es zu keiner Zeit Rückfragen bei uns.“ Der für Skylink nun verantwortliche neue Finanzvorstand Ernest Gabmann hat dies jetzt bestätigt: Ortner hat auf Stundenbasis abgerechnet, was zu noch höheren Kosten geführt habe.

Rechnungshof macht Druck

Die Kostenexplosion beim Skylink hat den Rechnungshof (RH) alarmiert. Die grüne Infrastruktursprecherin Gabriela Moser hat dem RH die Syndikatsverträge des Flughafens übermittelt. Der RH untersucht auf Basis dieser Verträge, ob er prüfen kann. Der springende Punkt ist, ob eine Beherrschung des Unternehmens durch die öffentliche Hand vorliegt. Laut Verfassung ist der RH für Unternehmen zuständig, in denen die öffentliche Hand mindestens 50 Prozent hält. Flughafen-Chef Herbert Kaufmann fürchtet sich nicht vor einer RH-Prüfung, wie er der „Presse“ am Mittwoch sagt. Er verweist aber darauf, dass die Länder Wien und Niederösterreich nur 40 Prozent besitzen. Moser ist gegenteiliger Meinung und spricht von einer „klaren Beherrschung“, da die Länder syndiziert sind. Das heißt, sie stimmen sich bei wichtigen Entscheidungen ab.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, müsste die Frage – ähnlich wie schon bei der AUA – beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ausgefochten werden. Das dauert lange, bei der AUA waren es vier Jahre. Moser will in diesem Fall die Staatsanwaltschaft einschalten.

Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger fordert ebenfalls eine RH-Prüfung – und auch die Rückzahlung der Vorstandsboni für die Vorjahre.

WAS BISHER GESCHAH

Der Flughafen Wien startet Ende der 90er-Jahre einen massiven Ausbau, weil die Passagierzahlen jährlich zweistellig steigen.

Der neue Terminal Skylink ist das größte Projekt. Es soll 400 Mio. Euro kosten und 2008 in Betrieb gehen.

Kosten und Zeitplan laufen völlig aus dem Ruder, zuletzt ist von 890 Mio. Euro die Rede. Der Vorstand kommt massiv unter Beschuss.

Ein Baustopp bis Jahresende soll ermöglichen, neue Verträge auszuhandeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2009)

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