Wohnen: Neuer Gemeindebau fährt auf der Retro-Schiene

Am Dienstag wurden Details zu dem ersten Gemeindebau präsentiert, den die Stadt Wien seit vielen Jahren baut. Das Konzept des Siegerentwurfs orientiert sich an den Gemeindebauten der Ersten Republik, also an dem ersten Gemeindebau, der in Wien errichtet wurde.

Wien. Es war eine überraschende Ansage, mit der die SPÖ im Vorjahr in den Wien-Wahlkampf gezogen ist: Die Stadt errichtet wieder Gemeindebauten.

Heute, rund fünf Monate später, wurden die Details zu dem ersten Projekt präsentiert, das nun an der Fontanastraße 1 (auf dem Gelände der ehemaligen AUA-Zentrale) realisiert wird – nach den Plänen von NMPB Architekten, die den zweistufigen Architekturwettbewerb gewonnen hatten. Und diesen Siegerentwurf beschrieb Wohnbaustadtrat Michael Ludwig so: „Wir nehmen Anleihen am Gemeindebau der Ersten Republik.“ Es sei eine Anlehnung an die Urform des Gemeindebaus. Das betrifft auch die Miete: 7,50 Euro pro Quadratmeter wird in diesem Gemeindebau verlangt. Das ist ein Bruttobetrag, wie Ludwig betonte. Also inklusive Steuer und Betriebskosten – womit eine 40-Quadratmeter-Wohnung monatlich auf 300 Euro kommt, eine 55-Quadratmeter-Wohnung auf 412 Euro. Wobei Ludwig betonte, dass die Mieter (wegen der Kategorisierung als Gemeindebau) auch keine Eigenmittel aufbringen müssten.

Alle Wohnungen sind mit Balkonen oder Loggien ausgestattet. Dazu wird es großzügige Gemeinschaftsräume für die Bewohner geben – darunter auch ein Kochstudio. Die drei Innenhöfe werden begrünt. Das Konzept folgt laut Ludwig „dem Prinzip ,Luft, Licht, Sonne‘ des Gemeindebaus des Roten Wien der Ersten Republik.“

Konkret besteht der erste Wiener Gemeindebau seit Jahrzehnten aus 120 Wohnungen und soll, wenn es planmäßig läuft, im Herbst 2018 eröffnet werden. Dann soll auch die verlängerte U1 nach Oberlaa, und damit in die Nähe des neuen Gemeindebaus, führen.

Die einzelnen Wohnungen umfassen ein bis fünf Zimmer und bewegen sich in einer Größenordnung von 40 bis 100 Quadratmeter. Laut Ludwig hat sich der Siegerentwurf in einem EU-weiten Wettbewerb gegen mehr als 50 Konkurrenten durchgesetzt.

Das Konzept folgt jenem der sogenannten Smart-Wohnungen. Durch intelligente Grundrisse soll die Gesamtfläche der Wohnungen abnehmen, wodurch die Bewohner weniger Miete zahlen müssen. Allerdings soll die nutzbare Fläche nicht schrumpfen. Das soll wie bei Smart-Wohnungen beispielsweise dadurch erreicht werden, dass Abstellräume von der Wohnung in den Keller oder in den Gang verlagert werden. Dadurch nimmt die Wohnungsgröße auf dem Papier ab, damit auch die Miete, während den Bewohnern in der Praxis deutlich mehr nutzbarer Platz zur Verfügung steht.

Für den Neubau von Gemeindewohnungen hatte die Stadt eine eigene Gesellschaft (die Wigeba, also Wiener Gemeindewohnungs-Baugesellschaft) gegründet. An ihr sind zu 51 Prozent die zur städtischen Wien-Holding gehörende Gesiba und zu 49 Prozent die städtische Gemeindebauverwaltung Wiener Wohnen beteiligt.

Weitere Projekte in Planung

Abgesehen von Favoriten sind bereits drei weitere Standorte für neue Gemeindebauten fixiert. In der Leopoldstadt (Handelskai 214) sollen rund 200 Wohnungen, in Mariahilf (Stumpergasse 56) rund 60 Wohnungen und in Meidling (Emil-Behring-Weg) rund 100 Wohnungen in den kommenden Jahren entstehen. Insgesamt möchte Ludwig in den nächsten fünf Jahren 2000 Gemeindewohnungen neu (so die offizielle Bezeichnung) in der Bundeshauptstadt errichten. (stu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

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