Steinmeiers delikate Shuttle-Diplomatie in Teheran und Riad

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IRAN-GERMANY-DIPLOMACY(c) APA/AFP/ATTA KENARE (ATTA KENARE)
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Deutschlands Außenminister buhlte im Iran um Präsident Rohani. Saudiarabien bereitete ihm Gastgeschenk.

Wien/Teheran. Für Frank-Walter Steinmeier ist die Shuttle-Diplomatie zwischen Jerusalem und Ramallah Routine, die zwischen Teheran und Riad indes ungleich delikater. Als der Berliner Chefdiplomat zum zweiten Mal binnen weniger Monate den Erzrivalen Iran und Saudiarabien eine Stippvisite abstattete, war seine Mission aber sogar noch heikler als im Oktober.

Die Frage, welchen Umgang Berlin mit den Spitzen des Mullah-Regimes pflegen soll, treibt derzeit die Kanzlerin um. In der Iran-Politik verfolgt Angela Merkel eine Doppelstrategie, sie setzt auf eine Arbeitsteilung mit ihrem Außenminister. Merkel ziert sich gegen eine rasche Berlin-Visite Hassan Rohanis, des iranischen Präsidenten, wie dies Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) namens der Wirtschaft im Wettlauf um Milliardenaufträge aus dem Iran urgiert. Rohani war zuletzt nach Rom und Paris gereist, demnächst sind Staatsbesuche in Wien und Brüssel avisiert.

Die antiisraelischen Tiraden in Teheran, die Leugnung des Existenzrechts für den Judenstaat stoßen Merkel bitter auf. Sie fürchtet, heißt es, zudem einen Affront, sollte ihr Rohani als strenggläubiger Muslim einen Handschlag verweigern. Darum sprach Steinmeier bei seiner Iran-Visite keine offizielle Einladung für Rohani aus, sondern legte ihm im Diplomatenjargon nahe, einen Deutschland-Besuch im Zuge seiner nächsten Europa-Reise ins Visier zu nehmen. Zugleich streute er dem Regime Rosen: Nach dem Atomdeal und der Aufhebung der Sanktionen sei momentan die Gelegenheit so opportun wie nie, den Kontakt mit Teheran zu intensivieren.

Kritik an „Kopf-ab-Diktatur“

Im Gespann mit Rohani ist Mohammad Javad Zarif, Irans Außenminister, seit Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch die Saudis demonstrativ um Entspannung im Konflikt mit Riad bemüht. „Spannungen nutzen niemandem“, sagte Zarif. Zugleich durfte Steinmeier die Saudis nicht brüskieren. In der Syrien-Krise appellierte er an Teheran und Riad, eine konstruktive Rolle zu spielen: Der Iran soll auf das Assad-Regime, Saudiarabien auf die Oppositionsgruppen mäßigenden Einfluss ausüben, um die stockenden Verhandlungen in Genf voranzutreiben.

Steinmeiers Besuch in Saudiarabien hat im Vorfeld massive Kritik hervorgerufen. Norbert Röttgen (CDU) forderte ihn zu einer Absage auf, Sahra Wagenknecht von den Linken sprach von einer „moralischen Bankrotterklärung“. Er legitimiere so die „saudische Kopf-ab-Diktatur“. Zufall oder nicht: Quasi als Gastgeschenk hob die saudische Justiz das Todesurteil gegen den Dichter Ashraf Fayad auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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