Was OMV in Russland zahlen wird

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Nach internen Papieren plant der Konzern bis zu zwei Milliarden Euro für den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 und die Entwicklung des sibirischen Gasfeldes Urengoy ein.

Wien. Die vergangenen Tage waren Balsam auf die Seele der OMV. Im Windschatten von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) konnte der neue OMV-General Rainer Seele endlich einen Russland-Besuch nach seinem Geschmack absolvieren: So gab es wohlwollende Worte, freundliche Gesichter und vor allem keine politischen Querschüsse gegen den Gastgeber und neuen Wunschpartner der OMV.

Wie berichtet wollen der heimische Energiekonzern und die russische Gazprom zwei Projekte gemeinsam verwirklichen: den Bau des zweitens Strangs der Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Europa. Einmal fertig gestellt könnte Moskau ein knappes Drittel des gesamten Gasbedarfs der EU durch diese Röhre bedienen – und die Ukraine unberücksichtigt lassen. In Europa ist der Widerstand gegen das Projekt allerdings groß. Die OMV, als Zehnteleignerin, soll vor allem versuchen, in der EU für eine positive Stimmung für das Projekt zu sorgen.

Weiters plant die OMV die Übernahme eines knappen Viertelanteils am sibirischen Gasfeld Urengoy im Tausch gegen eigene Vermögenswerte. Das Mineralölunternehmen hofft, hier günstig Reserven erschließen zu können. Die Produktion soll 2018 starten. Kritiker warnen, dass beide Geschäfte die hoch verschuldete OMV in zusätzliche Milliardenkosten stürzen und vor allem der finanziell angeschlagenen Gazprom helfen würden. Zudem fürchten sie, dass die OMV im Zuge des Vermögenstauschs strategisch wichtige Infrastruktur, wie etwa die Raffinerie Schwechat, abgeben könnte.

Offiziell ist über die geplanten Geschäfte nur wenig bekannt.

900 Millionen für sibirisches Gasfeld

„Die Presse“ konnte allerdings zum Teil einen Blick auf die neue Strategie werfen, die Rainer Seele am 18. Februar präsentieren wird. Hier zeigt sich: Das Unternehmen selbst rechnet mit relativ überschaubaren Kosten für die Erschließung des sibirischen Gasfelds. In Summe würden beide russischen Projekte bis 2020 maximal zehn Prozent des gesamten Investitionsbedarfs der OMV ausmachen, heißt es in internen Papieren, die der „Presse“ vorliegen.

Rechnet man realistischerweise mit 2,4 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen, wären das in fünf Jahren zwölf Milliarden. 1,2 Milliarden davon wären für Russland reserviert. Hier ist allerdings die knappe Milliarde, die die OMV für die Nord Stream bezahlen wird, nur zu 30 Prozent eingerechnet, da der Rest in einer Projektgesellschaft abgerechnet werden soll. Zieht man die 300 Millionen von den 1,2 erwarteten Milliarden ab, bleiben bis zu 900 Millionen Euro an Kosten für die Erschließung des Gasfeldes in Sibirien. In Summe sind das also knapp zwei Milliarden Euro für die geplanten Deals mit der Gazprom. Nicht enthalten ist der Vermögenswert, den die OMV den Russen im Tausch für das Gasfeld anbieten wird.

Ein Sechstel für Russland

Die OMV selbst wollte die Zahlen mit Verweis auf die bevorstehende Strategiepräsentation nicht kommentieren. Die zwei Milliarden Investitionsbedarf sind zwar eine Menge Geld. Über fünf Jahre verteilt ist – wenn es dabei bleibt – aber auch keine unüberwindbare Hürde für das Unternehmen. Noch im Jahr 2014 hatte Seele-Vorgänger Gerhard Roiss fast doppelt so viel (3,8 Milliarden) in nur einem Jahr investiert.

Auch in den kommenden Jahren wird der Großteil der Investitionen der OMV-Gruppe nicht nach Russland fließen. Fünf Sechstel der gesamten Investitionen gehen bis 2020 in Richtung Nordsee, wohin Gerhard Roiss 2013 das Unternehmen gesteuert hat. Bei den aktuellen Öl- und Gaspreisen ist eine Produktion in der Nordsee allerdings kaum lukrativ. Das große Problem: Die OMV hat seinerzeit nicht nur die Anteile an den Öl- und Gasfeldern gekauft, sondern auch die Verpflichtung, dort gehörig Geld nachzuschießen. In Summe sollten bis 2020 noch sieben Milliarden Euro zusätzlich in die Nordsee fließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2016)

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