Das Königreich am Golf gab bekannt, notfalls mit Bodentruppen gegen den Islamischen Staat in Syrien zu kämpfen. Das Regime in Damaskus und Russland vermuten jedoch, dass die Saudis Syriens Rebellen retten wollen.
Der Himmel über Syrien ist bereits „ausgebucht“: Kampfjets, Drohnen und bemannte Aufklärungsflugzeuge aus aller Herren Länder sind dort rund um die Uhr unterwegs. Nun könnte es sein, dass die Hilfstruppen für Damaskus aus Russland, dem Iran, Afghanistan und dem Libanon bald Gesellschaft auf syrischem Boden bekommen. Denn Saudiarabien will Soldaten nach Syrien schicken, um die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) zu bekämpfen. Voraussetzung dafür sei allerdings die Einwilligung der internationalen Anti-IS-Koalition.
„Das Königreich ist bereit, sich an jeder Bodenoperation der Koalition in Syrien zu beteiligen“, sagte der saudische Militärsprecher, Ahmed Assiri. Denn Bombardierungen allein würden nicht ausreichen, um gegen den IS zu gewinnen. „Vielmehr muss es einen Mix von Luft – und Bodenoperationen geben“, sagte der Brigadegeneral. Seit 2014 ist Saudiarabien Mitglied der von den USA angeführten Koalition und hat mehr als 190 Einsätze geflogen.
In Washington wusste man von den saudischen Plänen nichts. „Ich möchte darüber nichts sagen, da ich noch keine Möglichkeit hatte, mir das anzusehen“, sagte John Kirby, Sprecher des US-Außenministeriums. Er betonte aber, man werde alle Partner unterstützen, die mehr zum Kampf gegen den IS beitragen wollten. Es bleibt allerdings die Frage, ob die USA und die anderen Länder der Koalition von der Einsatzbereitschaft Saudiarabiens wirklich begeistert sind. Denn die Lage in Syrien würde noch komplizierter und gefährlicher werden, als sie ohnehin schon ist.
Saudis finanzieren Rebellen
Saudische Bodentruppen in Syrien wären ohne die Zustimmung der Regierung in Damaskus nach internationalem Recht illegal. Und diese Zustimmung käme mit Sicherheit nie zustande. Denn das sunnitische Königreich am Golf gilt als Hauptfinancier islamistischer Rebellengruppen in Syrien. Zudem würden der Iran und Russland, die großen Verbündeten des syrischen Regimes, eine Präsenz saudischer Soldaten ebenso wenig gutheißen. Für den schiitischen Iran ist die sunnitische Golfmonarchie der große Gegenspieler in der Region um Macht und Einfluss.
Und Russland? Das war im September offiziell von Damaskus zu Hilfe gerufen worden und hat eine Militärmaschinerie in Gang gesetzt, um seine Interessen in Syrien und in der Region um jeden Preis durchzusetzen. Mit russischer Hilfe hat die syrische Armee Erfolge wie nie zuvor. Da wird der Kreml kaum Soldaten des als feindlich deklarierten Saudiarabien in Syrien dulden. Dass die Saudis die IS-Terroristen bekämpfen wollen, glaubt niemand im Lager des syrischen Regimes. Damaskus, Russland und der Iran sind davon überzeugt, dass das saudische Königshaus in Wahrheit die syrischen Rebellen unterstützen und ihre drohende Niederlage abwenden will.
Das saudische Militär würde mit einem Einsatz in Syrien einen bewaffneten Konflikt mit Russland riskieren. Und der Kreml, davon kann man wohl ausgehen, wird sich gegen die unrechtmäßige Einmischung „verteidigen“. Die militärischen Kapazitäten dazu hat er längst. Seit Herbst vergangenen Jahres wurde die russische Militärbasis in Latakia stetig aufgerüstet.
Bomber und Kriegsschiffe
Neben einer Flotte von Kampfflugzeugen und Bombern, wurden Panzer, Kampfhubschrauber, Drohnen und das S400-Flugabwehrsystem stationiert. Vor der Küste kreuzen Kriegsschiffe, die auch Marschflugkörper auf Ziele in Syrien abfeuern können.
Sollten nun die Saudis tatsächlich eingreifen, droht der syrische Bürgerkrieg zu einem noch größeren Flächenbrand zu werden, als er jetzt schon ist.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)