Im Grazer Straflandesgericht hat am Freitag der zweite Jihadisten-Prozess begonnen. Der Angeklagte sieht sich als „radikaler Islamist“ .
Graz. Im Grazer Straflandesgericht hat am Freitag der zweite Jihadisten-Prozess begonnen. Angeklagt waren acht Personen, erschienen sind drei Männer und zwei Frauen, sie sind alle Tschetschenen. Vier müssen sich wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung verantworten, einer Frau wird falsche Zeugenaussage vorgeworfen. Am ersten Verhandlungstag standen nur die Eröffnungsplädoyers von Anklage und Verteidigung auf dem Plan.
Dem Hauptangeklagten, einem 42-Jährigen, wirft der Staatsanwalt vor, mehrere junge Männer als Kämpfer nach Syrien vermittelt zu haben. Er war als Prediger in einer Grazer Moschee tätig und soll so Kontakte geschlossen haben. Er selbst bezeichnete sich als „radikaler Islamist“, mit dem Ziel, den strengen Islam auszuweiten. Der Ankläger schilderte auch, dass er den Ehemann einer der Beschuldigten als Kämpfer zum IS geschickt haben soll. „Am 17. März 2013 kam er in Syrien an, am 18. bekam er das Gewehr, und am 19. war er tot“, schilderte der Staatsanwalt. Nach seinen Ausführungen wollte dann der 42-Jährige die junge Witwe zur dritten Frau nehmen, doch diese lehnte ab. Vielmehr soll sie ihre Abreise nach Syrien vorbereitet haben, um sich dort selbst dem IS anzuschließen, wurde aber mit ihren drei Kindern bereits auf dem Flughafen Wien gestoppt.
Anwalt kritisiert Anklage
Der Verteidiger des 42-Jährigen betonte: „Ich verteidige keine Menschen, die junge Männer in den Krieg schicken.“ Dann setzte er nach: „In den ganzen Akt hat sich kein belastender Beweis hineinverirrt.“ Die Anwältin der jungen Frau erklärte, diese sei vollkommen unschuldig, sie wollte nur nach Syrien, um Beweise zu bekommen, dass ihr Mann wirklich tot sei.
Der Andrang im Grazer Gericht war deutlich größer als beim ersten Prozesstag in dieser Woche, nicht alle Interessierten wurden eingelassen, da es zu wenig Sitzplätze gab. Der Prozess soll am 25. Februar mit einer Zeugeneinvernahme fortgesetzt werden. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)