KZ-Gefangene als "Landplage": Verfahren wird nicht fortgeführt

"Aula"-Anzeige - Keine Fortführung des VerfahrensDie Presse (Fabry)
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Der Justiz-Rechtsschutzbeauftragte versteht die Aufregung über die Einstellung des Verfahrens gegen das Magazin "Aula" nicht.

Die eingestellten Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung gegen die Zeitschrift "Aula" werden nicht fortgeführt. Die Frist sei bereits verstrichen, sagte der Justiz-Rechtsschutzbeauftragte Gottfried Strasser am Montag. Er habe aber ohnehin keinen Anlass für einen solchen Antrag gesehen. Auch die breit kritisierte Begründung der Einstellung ist aus seiner Sicht unbedenklich.

Das Magazin "Aula" hatte Mauthausen-Befreite als "Massenmörder" und "Landplage" bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft Graz stellte das Verfahren ein und begründete das unter anderem damit, es sei "nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte". Dies stieß auf heftigen Protest auch durch das Justizministerium selbst.

Strasser wäre der einzige gewesen, der die Fortführung des Verfahrens veranlassen hätte können. Die Frist dafür endete allerdings mit Jahresbeginn. Der unabhängige Rechtsschutzbeauftragte hat den Akt nach der Erledigung durch die Staatsanwaltschaft Graz geprüft. Eine Tendenz zur Propagierung von NS-Zielen sei dem Artikel "Mauthausen-Befreite als Massenmörder" jedenfalls nicht zu entnehmen gewesen, meinte Strasser - auch wenn die "Aula" aus einer Ecke kommen möge, "wo das Gift des Nationalsozialismus noch immer drin ist".

Rechtsschutzbeauftragter verweist auf eigene Erlebnisse

Die Begründung zur Verfahrenseinstellung habe er für unbedenklich gehalten, "und ich halte sie nach wie vor für unbedenklich". Dass es im KZ auch inhaftierte Rechtsbrecher gegeben habe, sei ein historisches Faktum und auch durch Aussagen in Gerichtsverfahren zu Mauthausen bestätigt. Und auch auf Erlebnisse aus seiner Kindheit, die er im Umfeld des KZ Mauthausen verbrachte, verwies er.

Großteils seien es zwar russische Kriegsgefangene gewesen, die nach der Befreiung des KZ Mauthausen Hilfe gesucht hätten, so Strasser. Seine Großmutter hätte diese immer wieder mit Suppe zu versorgen versucht, erinnerte er sich. Gleichzeitig habe es aber auch Kriminelle gegeben, die von der SS im Lager als Capos eingesetzt worden seien. Ein Mann habe seinen Vater - einen Polizisten - damals sogar mit einer Pistole bedroht.

Eine Beeinflussung seiner Entscheidung durch diese persönlichen Erlebnisse kann Strasser nicht erkennen. "Nein, ich sehe mich nicht befangen", betonte er, "aber ich weiß, dass es so war".

Grüne werden erneut Anzeige erstatten

Der Grüne Abgeordnete Harald Walser hat sich am Montag erfreut über die Distanzierung des Justizministeriums in Sachen eingestellter "Aula"-Anzeige gezeigt. Mit "Kopfschütteln bis Entsetzen" reagierte er hingegen auf die Argumentation des Rechtsschutzbeauftragten. Die Grünen wollen erneut Anzeige erstatten und erhoffen sich zumindest eine sachgerechte Begründung der Abweisung.

"Wenn diese Einstellungsbegründung aufrecht bleibt, ist zu befürchten, dass sie unter Rechtsextremen und Neonazis als Rechtfertigung für die weitere Verbreitung einer revisionistischen Geschichtsauffassung dient", so Walser. Dass Strasser die Begründung der Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft für unbedenklich hält und dabei mit Kindheitserinnerungen und seiner Großmutter argumentiere, sei nicht akzeptabel: "Es ist dies ein weiteres Beispiel für fehlende Sensibilität im Justizapparat".

(APA)

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Gottfried Strasser steht in der Kritik, weil er die Einstellung des Verfahrens zum KZ-Artikel guthieß. Er habe juristisch entschieden, betont er. Und er fordert härtere Gesetze gegen NS-Sprüche.

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