AK: Umfassende Pensionsreform wäre "grober Unsinn"

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Arbeiterkammer-Präsident Kaske sieht vor allem die Wirtschaft gefordert, damit Menschen länger in Beschäftigung bleiben können.

Die Arbeiterkammer stellt sich wie die Gewerkschaft gegen eine umfassende Pensionsreform. Forderungen danach bezeichnete AK-Präsident Rudolf Kaske am Freitag als "groben Unsinn". Manche seien erst zufrieden, wenn das bestehende Pensionssystem "wegreformiert" sei. "Nicht mit uns", betonte Kaske. Der von der ÖVP und der Wirtschaft geforderte Automatismus zwischen Antrittsalter und Lebenserwartung bedeute nur weitere Pensionskürzungen und führe zu Unsicherheit und Ungerechtigkeiten. Mit dem "Gespenst der Pensionskürzungen" müsse Schluss sein, sonst drohe Altersarmut

Kaske beharrte auch darauf, dass die zweite und dritte Säule nur Ergänzung zum staatlichen System sein und dieses nicht ersetzen könnten. Auch am gesetzlichen Pensionsalter will der AK-Präsident festhalten, 65 sei ein "guter Referenzwert". Und eine vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters lehnte er ebenfalls neuerlich ab.

Kündigungsverbot im Krankenstand gefordert

Gefordert sieht Kaske vor allem die Wirtschaft , damit Menschen länger in Beschäftigung bleiben können. Man müsse in Wirtschaftswachstum, Bildung und in den Arbeitsmarkt investieren. Der AK-Präsident wünscht sich auch eine Ausweitung des beschlossenen Bonus-Malus-Systens für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. Die Erhöhung der Auflösungsabgabe auf 236 Euro könne nur ein erster Schritt sein. Für Betriebe die Schwerarbeiter beschäftigen solle es einen Schwerarbeitsbeitrag geben. Den Kündigungsschutz will Kaske ausweiten, im Krankenstand solle es ein Kündigungsverbot geben. Den Beitragssatz von Gewerbetreibenden und Bauern will der AK-Präsident an das ASVG-Niveau anheben.

Um ältere Arbeitnehmer länger im Betrieb zu halten, fordert Kaske weitere Anstrengungen zur Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze. Zudem erwartet er sich eine Weiterentwicklung des Grundsatzes Rehabilitation vor Pension. Dazu wäre eine bessere Abstimmung zwischen Kranken- und Pensionsversicherung sowie AMS nötig. Und die Reha sollte früher beginnen, wie das etwa auch in Deutschland gehandhabt werde.

Schritte in diese Richtung erwartet sich Kaske vom Pensionsgipfel am 29. Februar. Dann müsse aber Schluss mit der Diskussion für diese Legislaturperiode sein. An die ÖVP richtete der AK-Präsident die Aufforderung, sich nicht jetzt über die Präsidentschaftswahl drüber zu schwindeln und danach wieder "die Keule" auszupacken.

Bestärkt fühlt sich Kaske in seinen Forderungen durch eine neue Studie. Ein Vergleich des deutschen mit dem österreichischen System des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen deutschen Hans-Böckler-Stiftung habe ergeben, dass eine Verlagerung hin zu mehr privater und betrieblicher Vorsorge nicht zielführend sei.

Anfang der 2000er Jahre habe Deutschland die öffentlichen Beiträge auf 18,7 Prozent gesenkt und die Menschen sollten zusätzlich vier Prozent in geförderte betriebliche und private Vorsorge (Riester-Rente) investieren, erklärten Florian Blank vom WSI und der Leiter der sozialpolitischen Abteilung in der AK, Josef Wöss. Ergebnis sei, dass 30 Prozent der Beschäftigten weder eine private noch eine betriebliche Rente hätten, auf der anderen Seite viele eine doppelte Vorsorge. Langjährig versicherte Männer erhalten in Deutschland im Schnitt nur 1.050 Euro Pension (12 mal pro Jahr), in Österreich hingegen 1.560 Euro (14 mal pro Jahr). Berufsanfänger könnten laut OECD bei durchgehender Erwerbskarriere mit 65 in Deutschland eine Brutto-Ersatzrate von 37,5 Prozent aus dem öffentlichen System, in Österreich hingegen von 78,1 Prozent erwarten. Auf der anderen Seite sei die Wirtschaft in Österreich stärker gewachsen, zwischen 2000 und 2014 sei das BIP in Österreich um 23 Prozent gestiegen, in Deutschland nur um 17 Prozent, argumentierte Blank.

Wirtschaft und Industrie gegen AK-Forderungen

Wirtschaft und Industrie haben am Freitag die Forderungen der Arbeiterkammer in Sachen Pensionen zurückgewiesen. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer bezeichnete es als bedauerlich, dass sich die AK gegen jegliche Maßnahmen in diesem Bereich wehre. "Die AK muss aufhören Panikmache zu betreiben, um jegliche Reformdiskussion im Keim zu ersticken", sagte Neumayer. Der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Peter Haubner, richtete Kaske aus, dass das Arbeitsmarktproblem "sicher nicht durch rote Belastungsideen wie Überstunden-Strafeuro oder Arbeitszeitverkürzung" zu lösen sei. "Das hemmt das Wirtschaftswachstum und gefährdet bestehende Arbeitsplätze."

(APA)

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