Krankenkassen: "Geld muss Leistung folgen"

Ulrike Rabmer-Koller
Ulrike Rabmer-KollerAPA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Die Lage für die Krankenkassen bleibe "mehr als angespannt", so die Chefin im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller.

Für die Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller, ist bei den Krankenkassen zwar ein "leichter Aufwärtstrend" erkennbar, die Lage bleibe aber "mehr als angespannt". In einer Aussendung verlangte sie, im neuen Finanzausgleich die geplante Verlagerung von Leistungen in den niedergelassenen Bereich zu berücksichtigen.

Mit der Umsetzung der Gesundheitsreform sollen die stationären Spitalsaufenthalte reduziert und mehr Leistungen aus dem stationären in den niedergelassenen Bereich verlagert werden. Das heißt aber auch, dass auf die soziale Krankenversicherung steigende Kosten für die medizinische Versorgung zukommen. Die Prognose für das Jahr 2016 bilden diese Entwicklung bereits ab und zeigen einen erneuten Anstieg des Defizits auf 94 Millionen Euro. Für Rabmer-Koller ist deshalb klar: "Geld muss Leistung folgen. Wir brauchen eine faire Verteilung der Mittel zwischen Bund, Ländern und der Sozialversicherung. Die laufenden Verhandlungen über den Finanzausgleich müssen diese Leistungsverlagerung entsprechend berücksichtigen."

Pilotprojekte in unterversorgten Regionen

Die Hauptverbandschefin appelliert auch an alle Systempartner im Gesundheitswesen: "Wir können Verbesserungen in der medizinischen Versorgung der Menschen nur schaffen, wenn wir Innovationen zulassen, dabei zu gemeinsamen Ansätzen finden und die reflexartige Blockadehaltung bei jeder Weiterentwicklung endlich aufhört. Wohnortnahe Versorgung, patientengerechte Öffnungszeiten, neue Praxismodelle, die der Ärzteschaft mehr Flexibilität geben - all das können wir umsetzen. Geben wir dem System der Primärversorgung eine Chance, sich zu bewähren." Pilotprojekte könnten insbesondere in unterversorgten Regionen eine spürbare Verbesserung bringen und die Stärken des niedergelassenen Bereiches bündeln, so Rabmer Koller.

Dass das Ergebnis für 2015 nicht ganz so schlecht ausgefallen ist wie im Voranschlag befürchtet, führt Rabmer-Koller darauf zurück, dass sich die Maßnahmen zur Kostendämpfung besonders in der zweiten Jahreshälfte positiv ausgewirkt hätten. Das trifft insbesondere auf die Steigerung der Medikamentenkosten zu. Das Plus von 5,4 Prozent in diesem Bereich führt die Hauptverbands-Chefin vor allem auf die Einführung neuer Medikamente und Leistungen zurück - etwa das neue, sehr teure Hepatitis-Präparat. Mit 5,6 Prozent wurde auch eine deutliche Kostensteigerung bei der Zahnbehandlung registriert. Der Grund dafür liegt vor allem in der Einführung der Gratis-Zahnspange für Kinder und Jugendliche mit schwerer Zahn-Fehlstellung.

Zu Buche schlägt sich auch das Rehabilitationsgeld, das 2014 für unter 50-jährige statt der Invaliditätspension eingeführt wurde. Hier gab es 2015 noch eine Kostensteigerung um 168 Prozent, im Voranschlag für 2016 wird allerdings nur noch ein Plus von 20 Prozent erwartet. Im Hauptverband sieht man den Grund dafür darin, dass ein Großteil der grundsätzlich auf drei Jahre befristeten Invaliditätspensionen 2016 schon in Reha-Geld umgewandelt sind.

Augenmerk auf die Ausgabenseite

Rabmer-Koller will auch in Zukunft "ein Augenmerk auf die Ausgabenseite legen und weitere Kostendämpfungsmaßnahmen und Effizienzsteigerungen umsetzen. Eine schnelle Einigung bei der Teilarbeitsfähigkeit und der Wiedereingliederung nach langen Krankenständen würde für die Krankenkassen positive Effekte bringen." Vor allem weil die Beitragseinnahmen von 3,7 Prozent im Vorjahr auf 2,5 Prozent heuer zurückgehen werden und die Versicherungsleistungen insgesamt auch 2016 mit 4,2 Prozent darüber liegen werden, will Rabmer-Koller neben der Ausgabenseite auch die wirtschaftliche Entwicklung im Auge behalten. "Wir brauchen hier auch Impulse für mehr Wachstum und Beschäftigung. Wer Arbeitsplätze schafft bzw. wer einen sicheren Arbeitsplatz hat, der bezahlt seinen Beitrag – unsere solidarische Krankenversicherung basiert auf diesem einfachen Rezept und so soll es auch bleiben."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Politik

"Primärversorgung 2020": Ärztekammer präsentiert Konzept

Hausarzt, herkömmliche und erweiterte Gruppenpraxen sowie Ärztenetzwerke als "System" sind geplant. Auch soll es einen "Ärzte-Kollektivvertrag" geben.
Wien

Gruppenpraxen: „Fiasko“ für Patienten

Der Präsident der Ärztekammer kritisiert Versäumnisse von Politik und Krankenkassen.
Gerald Bachinger
Wien

Patientenanwalt fordert mehr Gruppenpraxen

Gerald Bachinger plädiert für „neue Vergütungsmodelle“, damit sich mehr Mediziner zu Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren zusammenschließen. Von der Forderung nach mehr Kassenstellen hält er nichts.
Österreich

Hohe Erwartung an Elga und Primärversorgung

Mit der Gesundheitsversorgung sind die meisten zufrieden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.