Chinas Jahr des Affen startet mit Überraschungen

London UK 14 February 2016 Londoners and the Chinese Community celebrate the Year of the Monkey
London UK 14 February 2016 Londoners and the Chinese Community celebrate the Year of the Monkey(c) imago/Vibrant Pictures (imago stock&people)
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Der Handel bricht ein: Die Exporte gingen im Jänner um elf Prozent zurück, die Importe um 19 Prozent – weit stärker als erwartet. Aber die chinesische Währung macht einen Rekordsprung nach oben. Wie passt das zusammen?

Wien/Peking. Das Jahr des Affen fängt turbulent an – und verwirrend. Da schockiert die Zollverwaltung in Peking mit Handelszahlen, die so schlecht niemand erwartet hat: Die Ausfuhren brachen im Jänner im Jahresvergleich um 11,2 Prozent (auf Dollarbasis) ein. Bei den Importen waren es sogar 18,8 Prozent. Analysten rechneten jeweils nur mit einem leichten Minus. Aber die Börse in Shanghai reagierte am ersten Handelstag nach den einwöchigen Neujahrsferien gelassen: Der Index ging um 0,6 Prozent zurück – wenig angesichts der heftigen Rückschläge an den globalen Aktienmärkten in der vergangenen Woche. In Hongkong legte er sogar kräftig zu, um 3,3 Prozent.

Vor allem aber machte der Renminbi im Handel einen Rekordsprung zum Dollar: plus 1,25 Prozent, so viel wie noch nie innerhalb eines Tages, seit die Nationalbank im Juli 2005 begann, die Zügel für den Kurs zu lockern. Auch die offizielle Fixierung liegt nun um 0,3 Prozent höher als zuvor.

Wie passen diese widersprüchlichen Signale zusammen? Es hat alles mit dem Mond zu tun. Genauer: mit dem chinesischen Kalender, der auf seinen Phasen basiert. In der Feierpause zum Jahreswechsel verlor der Dollar an Wert. Auch gegenüber dem Renminbi, wo man ihn in der Vorwoche handeln konnte: in ausgewählten Banken in Hongkong, Singapur oder London. Diese Bewegung holte Festlandchina am Montag nach.

Und die düsteren Handelszahlen, die alle Warnungen vor einer „harten Landung“ der zweitgrößten Volkswirtschaft zu bestätigen scheinen? Starke Rückgänge bei den Handelsaktivitäten gab es vor allem zu Anfang des Vorjahres. Zuletzt zeichneten die Zahlen ein freundlicheres Bild. Deshalb die optimistischeren Erwartungen. Dass es um so vieles schlechter kam, könnte wiederum am Mond liegen. Der Neumond, der das chinesische Neujahr markiert, fiel 2015 auf den 19. Februar. Heuer war es der 8. Februar, also deutlich früher. Mit einigem Vorlauf vor der langen Urlaubszeit verschiffen Exporteure ihre Fracht und schaffen so eine Spitze, die diesmal vielleicht eher in den Dezember als in den Jänner fiel. Auf jeden Fall raten Analysten, vor Ausruf der Apokalypse die Februarzahlen abzuwarten.

Glaube an Schönwetter-Reden

Dass die Importe deutlich stärker zurückgehen als die Exporte, hat einen willkommenen Nebeneffekt: Der Außenhandelsüberschuss erreicht ein Rekordhoch von 63 Mrd. Dollar. Bisher hat China nur wenig Marktanteil im Welthandel verloren. Dass die Ausfuhren sinken, hätte demnach weniger mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit als mit fehlender globaler Nachfrage zu tun. Eine Abwertung des Renminbi würde da nur wenig belebend wirken. Von einem stabilen Umfeld sprach auch der Gouverneur der People's Bank of China in einem Schönwetter-Interview am Wochenende, dem der Finanzmarkt offenbar Glauben schenkte.

Die größte Sorge der Währungshüter bleiben die Kapitalabflüsse. Aus Angst vor einem schwächeren Renminbi brachten Investoren im Vorjahr Kapital im Wert von geschätzt einer Billion Dollar ins Ausland. Spekulanten beginnen, gegen Chinas Währung zu wetten. Auch im Jänner stützten die Notenbanker den Kurs, indem sie 100 Mio. Dollar an Devisenreserven verkauften. Dass der Aderlass weitergeht, zeigt auch ein kurioses Detail: Just die Importe aus Hongkong legten ganz gegen den Trend um 108 Prozent zu. Der Grund? Überhöhte Rechnungen, mit denen chinesische Firmen Geld außer Landes bringen – eine populäre Methode, um die Kontrollen des Kapitalverkehrs zu umgehen. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2016)

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