Patientenanwalt fordert mehr Gruppenpraxen

Gerald Bachinger
Gerald Bachinger(c) Michaela Bruckberger
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Gerald Bachinger plädiert für „neue Vergütungsmodelle“, damit sich mehr Mediziner zu Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren zusammenschließen. Von der Forderung nach mehr Kassenstellen hält er nichts.

Wien. Um die Gründung von Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren für Ärzte attraktiver zu machen, fordert Gerald Bachinger, Sprecher der österreichischen Patientenanwälte, mehr Geld im Zuge neuer Vergütungsmodelle.

„Dieses Thema begleitet uns seit Jahrzehnten“, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag in der Gruppenordination Medico Chirurgicum, die auch an Samstagen geöffnet hat und als Vorzeigebetrieb gilt. Wegen der anhaltenden Grippewelle und langen Wartezeiten in Spitälern – etwa in der Kinderambulanz des Donauspitals – war der Ruf nach Primärversorgungszentren mit Öffnungszeiten auch an den Wochenenden zuletzt wieder lauter geworden.

Tatsächlich sei die Neuaufstellung des niedergelassenen Bereichs ein wichtiger Teil der Gesundheitsreform gewesen, sagt Bachinger. Nach dem „riesigen Enthusiasmus“ bei der damaligen Einigung habe sich „in den letzten Monaten aber wieder völlige Hilflosigkeit und Perspektivlosigkeit breitgemacht“.

Niedergelassene Ärzte seien mit Forderungen konfrontiert, die für sie unerfüllbar seien. Darum blieben auch Kassenstellen unbesetzt, gleichzeitig werde auf Wahlärzte ausgewichen: „Das ist ein Armutszeugnis für die Gesundheitsversorgung.“

„Geld in die Hand nehmen“

Bachinger plädiert dafür, die Struktur weg von einer Versorgung durch den klassischen Hausarzt hin zu einer „professionellen Primärversorgung“ zu ändern – also Gruppenpraxen bzw. Primärversorgungszentren zu schaffen. Er empfiehlt zudem, ein verbindliches Aufgabenprofil und „neue Vergütungsmodelle“ zu entwerfen, die auf die Bedürfnisse derartiger Einrichtungen abgestimmt seien: „Es nützt nichts, man muss Geld in die Hand nehmen.“ Das könnte dann auch bessere Öffnungszeiten am Wochenende bedeuten. Denn bis zu 60 Prozent aller Patienten wären auch außerhalb einer Ambulanz angemessen zu versorgen.

Dass eine Öffnung an den Wochenenden mit hohen Kosten verbunden ist, betont auch Friedrich A. Weiser, Mitinhaber von Medico Chirurgicum in Liesing. Denn ab Samstagmittag werde für die Mitarbeiter ein 50-prozentiger und am Sonntag ein 100-prozentiger Überstundenzuschlag fällig: „In unserer Ordination funktioniert das, weil die Auslastung sehr hoch ist.“ Der Andrang zeige, dass der Bedarf an einer Wochenendöffnung hoch sei.

Gemeinsame Ordinationen könnten aber nur eine Ergänzung zu Einzelpraxen sein: „Man kann niemanden in eine Gruppenpraxis zwingen.“ Die dafür notwendigen Verträge seien nämlich ausgesprochen komplex.

Keine Ambulanzgebühren

Skeptisch zeigen sich sowohl er als auch Bachinger hinsichtlich Vorstößen, eine verpflichtende Wochenendöffnung zu verlangen. Auch Hausapotheken („nicht das Kerngeschäft eines Arztes“) und die Aufstockung von Kassenstellen („dafür finden sich kaum Ärzte“) seien nur kurzfristige Ansätze und würden das Problem nicht lösen.

Eine klare Absage erteilt Bachinger Überlegungen bezüglich einer neuen Ambulanzgebühr, um den Andrang in den Spitälern zu bremsen: Das bringe zwar Geld, treffe aber die Falschen – „nämlich die, die das Gesundheitssystem am meisten brauchen“. (kb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2016)

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