Leitl in Indien: „Der Elefant überholt den Drachen“

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AM KURZ IN INDIEN: GOYAL/KURZ/KOPF/LEITL(c) AUSSENMINISTERIUM/ DRAGAN TATIC
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Außenminister Kurz und Wirtschaftskammer-Präsident Leitl sind mit einer Wirtschaftsdelegation nach Indien gereist – auf der Suche nach Geschäftschancen auf Asiens neuem Tophoffnungsmarkt.

Neu-Delhi. Der indische Löwe präsentiert sich neuerdings im coolen Gewand: Die Silhouette des alten Wappentiers – eines Symbols für Macht, Mut und Vertrauen – ist gefüllt mit Schrauben und Zahnrädern. Das Raubtier steht für „Make in India“: Mit diesem flotten Slogan wirbt die Regierung von Indiens Premier, Narendra Modi, seit ihren Amtsantritt 2014 um internationale Investoren. Eine ganze Reihe an Reformen wurde versprochen – von Bürokratieabbau, Infrastrukturentwicklung, Erleichterung von Direktinvestionen bis hin zur Vereinfachung des komplizierten Steuersystems.

Denn Indien, so die indirekte Botschaft, sei das Wirtschaftswunderland des neuen Jahrtausends. Blickt man auf die Zahlen, wirkt Indien tatsächlich wie das neue China: Keine andere größere Volkswirtschaft der Welt wächst so schnell wie der Subkontinent, der mit 7,5 Prozent Wachstum schon im Vorjahr sogar China (mit 6,9 Prozent) überholt hat. „Der Elefant (neben dem Löwen ein weiteres Symbol für Indien) überholt den Drachen“, schwärmt Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Er begleitet gerade mit Außenminister Sebastian Kurz und Nationalratspräsident Karlheinz Kopf eine Wirtschaftsdelegation aus 50 österreichischen Unternehmern auf ihrer Indien-Tour.

Handel soll sich verdoppeln

Denn auch Österreich sieht Indien zunehmend als Asiens Tophoffnungsmarkt an: Beim gestrigen österreichisch-indischen Wirtschaftsforum in Delhi wurden die „enormen Chancen“, die Indien biete, hervorgehoben: Das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern beträgt bereits jetzt 1,2 Milliarden Euro – und hat sich damit in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt.

„Wir rechnen mit einer weiteren Verdoppelung in den nächsten zehn Jahren“, ist Leitl überzeugt. Mehr als 500 heimische Unternehmen sind in Indien aktiv, 130 haben dort Niederlassungen. Vor allem im Bereich Maschinenbau ist Österreich in Indien präsent. Großes Potenzial sieht Leitl dank der neuen Schwerpunkte der indischen Regierung auch in den Bereichen Umwelt und Elektronik.

Schnellere Visa

Um die Geschäftsbeziehungen zu vereinfachen, setzte sich Kurz bei einem Treffen am Dienstag mit Amtskollegin Sushma Swaraj erfolgreich dafür ein, dass österreichische Indien-Reisende künftig unkomplizierter und schneller zu einem Visum kommen. Für indische Geschäftsleute, die nach Österreich reisen, sind Vereinfachungen bereits umgesetzt worden.

Ein weiteres Gesprächsthema sei die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen und die Geschlechterdiskriminierung in Indien gewesen, so Kurz. Innerhalb der indischen Regierung gebe es „ein starkes Bewusstsein“ für dieses „enorme, besorgniserregende Problem“, es seien bereits einige Maßnahmen gesetzt worden.

Die derzeitige Indien-Euphorie hat aber auch Schattenseiten. Manche Experten trauen – ähnlich wie in China – der offiziellen Statistik nicht über den Weg. Das Wirtschaftsklima hat sich zwar seit dem Amtsantritt Modis stark verbessert, doch viele Investoren sind ernüchtert über den langsamen Fortschritt von Reformen. Zentrale Vorhaben sind noch nicht verabschiedet worden – etwa leichterer Landerwerb für Investoren oder eine landesweite Vereinheitlichung des kostspieligen, komplexen Steuersystems (derzeit hat jedes indische Bundesland seine eigene Regelung).

Und chronische Probleme wie schlechte Stromversorgung, Korruption und Mangel an Fachkräften bleiben trotz der flotten „Make-in-India“-Kampagne bestehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2016)

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