Fall Rainer: Doppeltes Spiel der Ärztekammer

Doppeltes Spiel der Ärztekammer
Doppeltes Spiel der ÄrztekammerClemens Fabry
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Die Bundeskammer unterstützt Asklepios-Gründer Gernot Rainer, den sie laut vertraulichen Dokumenten sabotiert hatte – was die Wiener Kammer kritisiert.

„Dass das politische Engagement eines Dienstnehmers die Entscheidung zur Folge hat, einen Dienstvertrag nicht zu verlängern, ist aufs Schärfste zu verurteilen.“ Mit diesen Worten verurteilte die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) am Mittwoch die de facto-Kündigung des kritischen Arztes Gernot Rainer, der die Ärztegewerkschaft Asklepios gegründet hatte.

Auf den ersten Blick ist es nicht verwunderlich, dass sich die ÖÄK für einen Ärztegewerkschafter einsetzt. Vertrauliche Dokumente, die der „Presse“ vorliegen, zeigen aber ein doppeltes Spiel. Während die Bundeskammer die Nichtverlängerung von Rainers Vertrag heftig kritisiert, setzte sie sich vehement dafür ein, sein gewerkschaftliches Engagement und Asklepios zu verhindern – was schlussendlich (gemeinsam mit ÖGB und Wirtschaftskammer) gelungen ist.

"Schwächung der Verhandlungsposition"

Hintergrund: Als Asklepios den Status als Gewerkschaft beantragte, hatte die ÖÄK beim zuständigen Bundeseinigungsamt im Sozialministerium in einem Schreiben vom 9. September 2015 mit dramatischen Worten davor gewarnt, Asklepios diesen Status zu genehmigen. „Ergebnis wäre eine Schwächung der (gewerkschaftlichen, Anm.) Verhandlungsposition der Ärzte, . . . und eine wirtschaftliche Übermacht der gegenüberstehenden Verhandlungspartner (also der Arbeitgeber, Anm.)“, heißt es in dem Schreiben.

Im Klartext: Die Zulassung der neuen Gewerkschaft würde den Interessen der Arbeitnehmer, den Ärzten, schaden. Deshalb meint die ÖÄK: „Vielmehr müssten die maßgeblichen Interessen gebündelt werden, um die Funktion als ,Stabilisator' zu erfüllen.“ Wobei die ÖÄK nicht nur eine Schwächung der Gewerkschaft diagnostizierte, falls Asklepios als Gewerkschaft anerkannt wird. Die 1805 Asklepios-Mitglieder seien in Wirklichkeit nur 59 angestellte Ärzte (alle anderen seien „beamtet“) – damit habe Asklepios keinen Anspruch auf den Status einer Gewerkschaft. Abschließend hält die ÖAK fest: „Somit sind die . . . Voraussetzungen . . . keinesfalls gegeben.“

„Fehlende Voraussetzungen“

Damit hat die ÖÄK, mit Hilfe der Wirtschaftskammer („fehlende Voraussetzungen“) und des ÖGB (keine „maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung“ – beide negativen Stellungnahmen liegen der „Presse“ vor) Asklepios als offizielle Gewerkschaft verhindert – während die ÖÄK nun Rainers de facto-Kündigung „wegen gewerkschaftlichem Engagement“ heftig kritisiert. Der Kampf der ÖÄK gegen Asklepios hinter den Kulissen sorgt für Irritationen bei der Wiener Ärztekammer.

Präsident Thomas Szekeres zur „Presse“: „Ich habe dieses Schreiben nicht mitbeschlossen und hätte das auch nicht getan. Denn jede Vertretung für Ärzte ist gut.“ Zwar ist Szekeres als Wiener ÄK-Präsident automatisch im Vorstand der ÖÄK. Dort gehört er allerdings „nicht zur Mehrheitsfraktion“, wie er seine Oppositionsrolle in dem Gremium formuliert: „Ich war bei dieser Stellungnahme nicht eingebunden und sehe das sicher nicht so wie die Bundeskammer.“

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