„Eine Frage der Vernunft“: Maximal 80 Anträge pro Tag

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In Spielfeld gilt ab Freitag eine „tägliche Obergrenze“ für Asylwerber. Auch die Zahl jener, die nach Norden dürfen, wird begrenzt.

Die Zeit drängt: 37.500 Asylanträge sollen in diesem Jahr maximal in Österreich gestellt werden dürfen. Zumindest, wenn es nach der Regierung geht. Ein Gutachten von Experten, ob dieser Plan juristisch umsetzbar ist, soll erst im März vorliegen. So lange wollen SPÖ und ÖVP allerdings nicht abwarten. Sie beginnen bereits jetzt, die Zahl der Flüchtlinge im Land zu reduzieren. Immerhin haben seit Jahresbeginn bereits 11.000 Menschen um Asyl angesucht.

Ab morgen, Freitag, wird in Spielfeld „die Bremse eingelegt“, wie es Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) formuliert: Es gilt eine „tägliche Obergrenze“ für Flüchtlinge. Und zwar gleich auf zweierlei Ebenen: Einerseits wird die Anzahl jener Menschen, die an der Südgrenze einen Asylantrag stellen dürfen, auf 80 Personen limitiert. Andererseits dürfen pro Tag nicht mehr als 3200 Flüchtlinge das Land passieren, um in Deutschland um Schutz anzusuchen.

Diese Kontingente sind laut Innenressort mit Slowenien abgesprochen. „Es ist wichtig, dass jedes Land entlang der Balkanroute an seiner Grenze restriktiver vorgeht. Und dieser erwünschte Dominoeffekt ist umso wirkungsvoller, wenn er abgestimmt erfolgt“, lässt Mikl-Leitner der „Presse“ ausrichten. Es sei „eine Frage der Vernunft, die eigenen Grenzen zu sichern“, so lange es keine europäische Lösung gibt. „Denn Asylantragszahlen wie im vergangenen Jahr kann unser Land nicht noch einmal verkraften.“

Wie sollen diese Kontingente aber in der Praxis eingehalten werden? Österreich richtet sich dabei nach dem Vorgehen der Deutschen: Bereits seit Monaten definiert das Nachbarland eine Maximalzahl an Flüchtlingen, die stündlich aus Österreich übernommen wird. Durchschnittlich sind es 50 Personen pro Stunde, die von den Behörden übergeben werden – an mehreren Übergängen.

„Drucksituation“ nicht ausgeschlossen

Immer wieder versuchen Menschen aber, illegal in das Land zu gelangen. Das schließt man auch in Österreich nicht aus: In Zukunft soll die sogenannte grüne Grenze verstärkt von Soldaten und Polizisten kontrolliert werden. Auch ein Einsatz von Grundwehrdienern schließt Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nicht aus. In der Miliz und bei Wehrpflichtigen wird nun um Freiwillige geworben.

Auch einen „Rückstau auf slowenischer Seite und damit auch Drucksituationen an der Grenze“ schließt Mikl-Leitner nicht aus. Um den Autobahnbereich in Spielfeld abzusichern, wurde für den Ernstfall ein Pandur-Radpanzer stationiert. Außerdem wird das Personal aufgestockt: Insgesamt 800 Polizisten und Militärs sollen ständig vor Ort sein.

Das neue Tageskontingent bedeutet tatsächlich eine massive Reduktion der Asylanträge: 2016 gab es durchschnittlich mehr als 200 Asylanträge täglich. In Zukunft können zwar immer noch im Inland Österreichs Anträge gestellt werden. Allerdings kommen die meisten Personen über Spielfeld ins Land.

Kritik aus Italien und Ungarn

Sollte sich die Fluchtroute verschieben, will die Regierung an weiteren Grenzübergängen aktiv werden. Wie am Dienstag bekannt wurde, könnten in Zukunft an zwölf weiteren Stellen Zäune entstehen. Betroffen sind Übergänge in der Steiermark sowie in Tirol, Kärnten und dem Burgenland – vor allem aber auch die Nachbarländer: Protest gegen die Pläne der Regierung kam am Mittwoch aus Italien und Ungarn.

Vor allem die italienischen Rechtsparteien üben Kritik: „Vor wenigen Tagen hat Premier Matteo Renzi noch den österreichischen Bundeskanzler Faymann zu Besuch in Rom umarmt. Diesen Faymann, der uns jetzt die Tore vor der Nase schließt“, twittert der Fraktionschef der oppositionellen Rechtspartei Forza Italia, Renato Brunetta. „Italien wird in ein Lazarett umgewandelt, in dem ohne Respekt für europäische Abkommen die Flüchtlinge angehäuft werden“, fügt der Vertraute von Ex-Premier Silvio Berlusconi hinzu.

In Ungarn reagiert man hingegen auf eine Aussage des Kanzlers: Faymann hatte – mit Verweise auf Viktor Orbán – gemeint, er lasse sich „nicht mit jemandem vergleichen, der keine Flüchtlinge nimmt, sie nicht ordentlich betreut und in ein faires Verfahren bringt“. Der Außenminister in Budapest, Péter Szijjártó, warf Faymann eine „jämmerliche Lügenkampagne“ gegen Ungarn vor. Sein Land habe stets Migranten aufgenommen, nur keine Wirtschaftsflüchtlinge. Während Faymann im Vorjahr Ungarn noch wegen seines Grenzzaunes beleidigt und die „Politik der offenen Tore“ verkündet habe, baue er heute selbst einen Zaun und wolle das Tor schließen. Sein Verhalten sei „eines europäischen Politikers unwürdig“. (ib/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2016)

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