Heta-Gläubiger: "Herr Schelling spielt mit dem Feuer"

Friedrich Munsberg
Friedrich MunsbergDie Presse (Clemens Fabry)
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Man werde kein Angebot unter 100 Prozent annehmen, sagt Dexia-Chef und Sprecher der Heta-Gläubiger, Friedrich Munsberg. Eine Insolvenz Kärntens würde Österreich teuer kommen.

Die Presse: Finanzminister Hans Jörg Schelling hat das Rückkaufangebot für die Heta-Anleihen jüngst als „großzügig“ bezeichnet, da es mit 75 Prozent über dem von der EZB erwarteten Wert von 50 Prozent liegt. Nicht großzügig genug für Sie?

Friedrich Munsberg: Bei den 50 Prozent handelt es sich nur um eine Empfehlung der EZB, die zu einer Zeit mit viel größerer Unsicherheit kam. Wir haben diese Empfehlung in Form einer Wertberichtigung umgesetzt. Das heißt aber noch lang nicht, dass wir damit jetzt auf die Forderung auch verzichten. Wir verzichten deshalb nicht, weil wir glauben, dass wir einen rechtlichen, aber auch einen moralischen Anspruch zu hundert Prozent auf dieses Geld haben.

Stichwort Moral: Viele Österreicher verstehen nicht, warum stattdessen ihr Steuergeld herangezogen werden soll. Wie erklären Sie es Ihnen?

Dazu muss man sich ansehen, wie es zu diesem Problem gekommen ist. Die Mitglieder unseres Investoren-Pools haben die Anleihen allesamt vor 2007 zu rund 100 Prozent gekauft. Und wir hätten diese Papiere niemals gekauft, wenn es nicht die Haftung Kärntens dafür gegeben hätte. Wir sind Pfandbriefbanken oder Versicherungen, die immer konservativ anlegen. Dann sind jedoch – laut Griss-Bericht – von Kärnten und vom Bund fortgesetzt und systemisch Versäumnisse passiert. Wir hatten da überhaupt keine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Da kann es jetzt doch nicht sein, dass wir für diese Fehler geradestehen müssen. Das ist doch eine Frage des Anstands. Es wäre ja auch etwas anderes, wenn es hier um ein Dritte-Welt-Land gehen würde. Wir sprechen aber von einem der wohlhabendsten Länder der EU, das über ein höheres BIP pro Kopf als Deutschland verfügt.

In der Bevölkerung ist es extrem unpopulär, Steuergeld für Banken zu verwenden. Wenn Politiker politischen Selbstmord begehen wollen, nehmen sie Steuergeld und geben es den Banken.

Ich kann die Steuerzahler verstehen. Das Geld wird aber nicht für Banken verwendet, sondern für die Glaubwürdigkeit der öffentlichen Hand. Das muss man der Bevölkerung klarmachen: Es geht um eure internationale Glaubwürdigkeit.

Anders als die Steuerzahler haben Sie von der Hypo jedoch hohe Zinsen kassiert. Warum, wenn es gar kein Risiko gab?

Die Anleihen waren etwas höher als österreichische Bundesanleihen verzinst. Jetzt zu sagen, wir hätten ohnehin hohe Zinsen kassiert, ist unfair. Und es stimmt, das Land Kärnten muss jetzt dafür einstehen. Unter den Investoren sind aber auch Firmen, die der öffentlichen Hand in Deutschland gehören. Wäre es fairer, wenn deutsche Steuerzahler für Missstände in Kärnten zahlen müssen?

In Kärnten scheint man sich auf eine Politik der verbrannten Erde vorzubereiten. Finanzlandesrätin Gaby Schaunig erklärte jüngst, dass es bei Nichtannahme des Angebots einen langjährigen Prozess geben werde, der viel vom Kärntner Vermögen auffressen werde. Macht Ihnen das Angst?

Es ist sehr schade, dass jetzt gedroht wird. Frau Schaunig droht, Herr Schelling droht. Ein Finanzminister sollte nicht mit der Insolvenz eines Bundeslandes drohen. Das ist nicht angemessen. Eine Insolvenz Kärntens ist das Letzte, was wir wollen. Die Konsequenzen wären für Österreich deutlich nachteiliger, als würde das Problem im Konsens mit uns gelöst. Die Refinanzierungkosten der anderen Bundesländer und anderen österreichischen Banken würden voraussichtlich pro Jahr um knapp eine Milliarde Euro steigen.

Minister Schelling reagiert auf diese Warnung sehr entspannt. Er verweist auf die nach wie vor günstigen Finanzierungskonditionen Österreichs.

Noch ist es ja nicht zu einer Insolvenz gekommen. Die Ratingagenturen haben also noch nicht reagiert. Wenn es so weit kommt, werden die Länder und die Landes-Hypos sicher abgewertet. Für die Bundesländer wäre das eine Katastrophe. Ich glaube aber auch, dass es schlussendlich für den Bund teurer würde. Man sollte sich da nicht so sicher sein. Herr Schelling spielt mit dem Feuer. Investoren wollen sicher sein, dass sie am Ende ihr Geld zurückbekommen. Wenn sie das nicht mehr sind, werden sie sich aus dem Land zurückziehen. Sollten wir zu diesem Schritt gezwungen werden, können wir ja nur so handeln.

In Kärnten gab es große Kritik, dass das Angebot nach wenigen Stunden abgelehnt worden ist. Haben Sie es gar nicht geprüft?

Es gibt wenige Angebote, die ich in meinem Leben so genau geprüft habe wie dieses. Wir haben der österreichischen Politik aber bereits im Herbst mitgeteilt, dass wir kein Angebot unter 100 Prozent akzeptieren werden. Es reichte also im Jänner aus, zu sehen, dass es einen Abschlag von 25 Prozent gibt, weshalb wir das Angebot nicht akzeptieren können. Wir sind in einer Gruppe organisiert, die rund die Hälfte des ausstehenden Kapitals repräsentiert. Daher wird dieses Angebot auch scheitern.

Lehnen Sie wegen der Höhe des Angebots ab, oder weil es keine Verhandlungen gibt?

Entscheidend ist die Höhe. Wir wollen 100 Prozent plus Zinsen. Wenn man eine Lösung finden will, sollte man aber auch miteinander reden. Das hat man bisher trotz vieler Angebote von unserer Seite nicht getan. Man sollte die Gläubiger nicht wie Parias behandeln, die man bedroht und beschimpft. Wir haben einen Vorschlag erarbeitet, mit dem unsere Forderung möglich ist. Die Rückzahlung könnte über einen längeren Zeitraum gestreckt werden, da sind wir verhandlungsbereit. Das würde Kärnten nicht ins Elend stürzen.

Kärnten meint dazu, dass die Gläubiger die wirtschaftliche Situation des Landes viel zu positiv sehen. Schon jetzt gebe es einen Schuldenberg von vier Mrd. Euro und trotz Sparpaket eine jährliche Neuverschuldung.

Die Pro-Kopf-Verschuldung Kärntens liegt bei 5700 Euro. Wenn Kärnten die vier Milliarden übernimmt, die Heta nicht zahlen kann, würde dieser Wert auf rund 13.000 Euro steigen. Das ist viel, keine Frage. Aber das deutsche Bundesland Saarland hat 16.000 und kann sich dennoch weiterhin selbst auf dem Kapitalmarkt finanzieren. Daher noch einmal mein Appell an die Politik: Treten Sie in Verhandlungen mit uns ein. Das Angebot wird scheitern. Jeder Politiker in Österreich, der glaubt, dass das nur ein Bluff ist, irrt.

Derzeit sieht es nicht danach aus, dass es zu Verhandlungen kommt. Kärnten hat erklärt, dass man auf langwierige Prozesse vorbereitet ist. Sie auch?

Wir wollen das nicht. Aber wir haben die finanziellen Möglichkeiten und werden nicht einknicken. Wir wollen nicht einem Unrecht die Hand reichen. Wenn es Schule macht, dass ein Staat einfach ein Gesetz macht, durch das langjährige treue Investoren geschnitten werden, dann Gnade uns Gott.

Laut Kärnten kann es kein Präjudiz sein, weil das Land die eigenen Schulden immer bedient hat, und es hier um Haftungen geht.

Das macht gar keinen Unterschied. Und mich wundert sehr, dass Frau Schaunig als Juristin mit solchen Argumenten kommt. Das wäre dem Bereich der Komödie zuzuordnen, wenn es nicht so traurig wäre.

Darum geht es beim Heta-Rückkauf-Angebot

Die Bad-Bank der Hypo Alpe Adria, Heta, hat gegenüber Investoren Schulden von knapp elf Mrd. Euro. Die Abwicklung der Bank wird aber nur etwa 6,3 Mrd. Euro bringen. Das Land Kärnten hat die Rückzahlung einst (unter Ex-Landeshauptmann Jörg Haider) jedoch zu hundert Prozent garantiert. Die vollständige Rückzahlung sei wirtschaftlich jedoch nicht machbar, argumentiert die Kärntner Landesregierung heute.

Daher hat Kärnten mit Hilfe des Bundes Ende Jänner den Investoren ein Rückkauf-Angebot für die Anleihen gemacht. Sie bieten 75 Prozent des Nominalwertes. Möglich ist das, weil sich Kärnten 1,2 Milliarden Euro beim Bund ausborgt und letzterer eine Prämie von knapp 600 Mio. Euro zuschießt. Laut einem im Herbst beschlossenen Gesetz, gilt die Quote für alle Gläubiger, sobald zwei Drittel der Gläubiger dem Angebot zustimmen. Bereits im Dezember haben sich jedoch Gläubiger zusammengeschlossen, die laut eigenen Angaben rund die Hälfte aller Anleihen besitzen. Sie lehnen einen Rückkauf mit weniger als 100 Prozent ab und haben sich auch gegenseitig in einem sogenannten „lock-up“ verpflichtet, das Angebot nicht anzunehmen. Geschieht dies, ist der Rückkauf gescheitert und Kärnten könnte insolvent werden. Die Frist des Angebots läuft am 11. März ab.

Friedrich Munsberg ist der Vorstandsvorsitzende der deutschen Dexia Kommunalbank, die 400 Mio. Euro in Heta-Anleihen investiert hat. Er ist einer der „Baumeister“ des Gläubiger- Konsortiums und meldete sich nun erstmals öffentlich zu Wort.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)

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