Für den US-Präsidenten ist die Stippvisite in Havanna im März eine Etappe in der Demokratisierung des einstigen Erzfeinds. Bei allen Fortschritten hoffen die Kubaner einstweilen vergeblich auf die Aufhebung des Embargos.
Wien/Washington. Als vor 14 Monaten in Havanna die Sensation vom Ende des Kalten Kriegs zwischen den USA und Kuba platzte, brachen auf der Karibikinsel mancherorts spontaner Jubel und Obama-Sprechchöre aus. Mehr als fünf Jahrzehnte währte die Eiszeit, und spätestens als vor einem halben Jahr Außenminister John Kerry in der kubanischen Hauptstadt die US-Botschaft an der Uferpromenade Malecón wiedereröffnete und das Sternenbanner hisste, muss im Weißen Haus in Washington die unstillbare Sehnsucht nach Salsa und Cuba Libre erwacht sein.
In den verbleibenden elf Monaten seiner Amtszeit hat Barack Obama noch einige Wunschziele auf seinem Reiseprogramm, und neben Vietnam, dem früheren Kriegsgegner, steht Kuba ganz oben auf der Liste des US-Präsidenten. Am 21./22. März werde er nach Havanna reisen, kündigte Obama nun via Twitter an und bestätigte so die Gerüchte, die in Washington kursierten. Es ist der Auftakt zu einem Lateinamerika-Trip, der ihn im Anschluss nach Argentinien führen wird, zu Präsident Mauricio Macri, dem Nachfolger der notorischen US-Kritikerin Cristina Kirchner.
Timing mit Friedenspakt
Obamas Stippvisite auf Kuba war ursprünglich mit dem vorab als historisch gefeierten Friedenspakt zwischen der kolumbianischen Regierung und den Farc-Rebellen in Havanna orchestriert. Die Einigung zwischen den Konfliktparteien könnte sich, so heißt es, womöglich aber noch ein wenig länger hinziehen. 88 Jahre nach dem ersten Kuba-Besuch eines US-Präsidenten durch Calvon Coolidge markiert die Obama-Visite eine weitere Zäsur im Verhältnis der beiden Staaten an der Florida-Straße, die an ihrer schmalsten Stelle nur 150 Kilometer breit ist. Beim Panamerika-Gipfel in Panama im vorigen April hatten sich Obama und Raúl Castro bereits zu einem Rendezvous verabredet.
Seither brachen die US-Sanktionen Stück für Stück auf. Zuerst strich Washington Kuba von der Terrorliste, zuletzt schlossen die ehemaligen Erzfeinde ein Abkommen über den direkten Flugverkehr. Bis zu 110 Flüge sollen ab Spätsommer zwischen dem US-Festland und der Insel verkehren, was dem ohnehin schon florierenden US-Tourismus auf Kuba einen Turboschub versetzen wird. Längst stellen sich auch Hollywood-Produzenten für Filmprojekte in Havanna an, der Kunstmarkt boomt.
Die Aufhebung des US-Embargos lässt indes auf sich warten, und so schnell wird dies auch nicht vonstatten gehen. Denn es liegt in der Hand des republikanisch dominierten Kongresses, die Sanktionen zu annullieren. Gerade die Republikaner sind indes die entschiedensten Verfechter des Status quo, allen voran Marco Rubio und Ted Cruz, die Senatoren und Präsidentschaftskandidaten mit kubanischen Wurzeln. In seltener Einmütigkeit werfen sie Obama eine weichgespülte Außenpolitik vor, erst recht gegenüber dem Castro-Regime. „Die Regierung ist repressiv wie eh und je“, monierte Rubio. Solange ein Castro an der Macht sei, werde er nicht in die Heimat seines Vaters reisen, schwor Cruz als Widerhall auf die Ressentiments kubanischer Immigranten der ersten Generation.
Währenddessen hat sich Obama bereits ausbedungen, in Havanna auch Dissidenten zu treffen. Unter dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ setzt er darauf, dass die Öffnung Kubas unweigerlich eine Demokratisierung zur Folge haben werde. Drei Wochen vor dem US-Präsidenten wird bereits Bundespräsident Heinz Fischer den Castro-Brüdern Avancen machen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)