"Wir sind das Volk": Hassparolen gegen Flüchtlinge

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Im sächsischen Clausnitz hat eine Gruppe von rund hundert Menschen einen Bus mit Flüchtlingen vor der Unterkunft gestoppt und Parolen gegrölt.

"Wir sind das Volk!" Es war der Ruf, mit dem in den Monaten vor der Wende das Ende der DDR eingeläutet wurde. Es ist aber nun auch der Ruf, den Menschen kapern, um gegen Flüchtlinge zu protestieren. Bilder davon, wie ein solcher Protest aussehen kann, kuriseren derzeit auf Facebook. Zu sehen ist auf einem 33-sekündigen Video, wie Demonstranten vor einem Bus mit Flüchtlingen die Fäuste recken und den Slogan schreien - während im Wagen selbst verängstigte Füchtlinge zu sehen sind. Ein Bub weint, eine Frau mit Kopftuch schimpft, viel Ratlosigkeit im Bus, wie es nun weitergehen soll.

Ereignet haben sich diese Szenen am Donnerstagabend im sächsischen Clausnitz, einem Ortsteil von Rechenberg-Bienenmühle, nahe der Grenze zu Tschechien. Die Flüchtlinge sollten dort eine Aslybewerberunterkunft beziehen. Doch blockierten rund 100 Menschen die Zufahrt, ließen den Bus nicht durch und skandierten die "Wir sind das Volk"-Parolen. Die Polizei nahm 13 Anzeigen auf, unter anderem wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Moderator Böhmermann als Multiplikator

Bekannt wurde das Video, das zunächst von der Facebookgruppe "Döbeln wehrt sich" auf Facebook gestellt worden war, weil ZDFneo-Moderator Jan Böhmermann auf Twitter zum Video verlinkte. "Der deutsche Angstmob begrüßt die, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind." Mit diesen Worten beschrieb er das Video, machte danach auch noch auf die Schrift auf dem Bus "Reiselust" aufmerksam - "Yeah. We Germans still know how to make it." Die Gruppe "Döbeln wehrt sich" entfernte das Video schließlich von ihrer Facebookseite, doch mittlerweile ist es schon auf mehreren Seiten, unter anderem auf dem YouTube-Account von Jan Böhmermann, zu finden.

Im Netz gibt es auf das Video vor allem entsetzte Reaktionen. Aber auch außerhalb der sozialen Medien gibt es heftige Kritik am Vorgehen der Demonstranten: So sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), es sei "zutiefst beschämend", wie dort mit Menschen umgegangen worden sei. "Anstatt wenigstens den Versuch zu unternehmen, sich in die Situation der Flüchtlinge zu versetzen, blockieren einige Leute mit plumpen Parolen den Weg von schutzsuchenden Männern, Frauen und Kindern."

(eko)

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