Ein Flop namens Dienstleistungsscheck

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach zehn Jahren wird der Dienstleistungsscheck immer noch in einem bescheidenen Ausmaß verwendet. Hohe bürokratische Hürden machen diesen Ausweg aus der Schwarzarbeit unattraktiv.

Wien. Martin Bartenstein, damals Wirtschafts- und Arbeitsminister, hatte im Jahr 2005 eine gute Idee: Wer Hilfskräfte im Haushalt beschäftigt, soll eine einfache und unbürokratische Möglichkeit erhalten, dies auf legalem Weg zu tun. Mit dem Dienstleistungsscheck sollte es eine praktikable Alternative zur Schwarzarbeit geben. Die ist weit verbreitet: Rund 150.000 Haushaltshilfen dürften illegal beschäftigt sein, so die Schätzungen. 20.000 davon könnten in die Legalität geholt werden, so die Absicht des Wirtschaftsministeriums damals. Noch optimistischer war der Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider: Die Schwarzarbeit könne um 800 Millionen Euro reduziert werden, so der Pfuschexperte.

Den Dienstleistungsscheck gibt es jetzt seit genau zehn Jahren, und die Zahlen sind ernüchternd: Die Zahl der Benutzer ist in dem Zeitraum zwar beständig gestiegen (siehe Grafik), aber auf einem niedrigen Niveau. 8698 Personen bekamen im Vorjahr einen Dienstleistungsscheck ausgestellt, davon bezogen allerdings nur rund 3500 ein regelmäßiges Einkommen aus dieser Quelle. Und statt 800 Millionen sind auch nur 7,6 Millionen auf diese Weise legal ausbezahlt worden – also weniger als ein Hundertstel.

„Es ist auch selten patschert gemacht worden“, kommentiert Schneider die geringe Inanspruchnahme. Die Umsetzung sei viel zu bürokratisch, und der Scheck sei auch viel zu wenig beworben worden. Wer Dienstleistungen auf diesem Weg abgelten will, muss in der Trafik einen Scheck kaufen. Der Beschäftigte muss ihn aber über die Krankenkasse einlösen und bekommt das Geld erst nachträglich auf sein Konto überwiesen. Und noch eine Hürde gibt es: Der (schon bezahlte) Scheck muss im Folgemonat eingelöst werden, sonst verfällt er. Das erklärt, warum es eine gröbere Differenz zwischen gekauften und eingelösten Schecks gibt, die sich im Lauf von zehn Jahren auf eine Million Euro summiert hat.

„Ich sehe immer noch ein Potenzial von 800 Millionen Euro“, sagt Schneider zur „Presse“. Allerdings müsse man das System wie etwa in Belgien vereinfachen und die Schecks „wie ein Rubbellos“ in der Trafik einlösen können. Außerdem sei es notwendig, die Vorteile, wie etwa den Versicherungsschutz, zu bewerben. Die grüne Abgeordnete Judith Schwentner, aufgrund deren parlamentarischer Anfrage die Zahlen öffentlich geworden sind, sieht ebenfalls eine „absurd niedrige“ Inanspruchnahme – vor allem, wenn man wisse, wie viele Frauen in diesem Bereich tätig sind.

Hoher Verwaltungsaufwand

Schwentner kritisiert aber auch die enorm hohen Verwaltungskosten. Laut den Zahlen aus dem Sozialministerium hat die Krankenkasse für Eisenbahnen und Bergbau, die mit der Abwicklung beauftragt wurde, zwischen 2006 und 2014 zwischen 440.000 und 680.000 Euro für den bürokratischen Aufwand ausgegeben – das waren am Anfang 44 Prozent, am Schluss immerhin noch fast elf Prozent. Der Aufwand wird vom Sozialministerium abgegolten. „Bei diesem Verwaltungsaufwand könnte man sich auch andere Modelle überlegen“, meint Schwentner. Etwa die Schaffung einer Dienstleistungsagentur, bei der die Mitarbeiter angestellt sind.

Im Sozialministerium freilich denkt man derzeit an gar keine Änderungen. Angesichts von jährlichen Steigerungsraten von rund 20 Prozent sei man mit der Entwicklung durchaus zufrieden, heißt es aus dem Büro von Sozialminister Alois Stöger.

Auf einen Blick

Der Dienstleistungsscheck ist für Tätigkeiten im Haushalt wie Putzen, Kinder beaufsichtigen oder einfache Gartenarbeiten vorgesehen. Der Arbeitgeber kauft den Scheck in einer Trafik, bei der Post oder online, der Arbeitnehmer löst ihn bei der Krankenkassen der Eisenbahner ein. Das monatliche Einkommen bei einem einzelnen Arbeitgeber darf 569 Euro nicht überschreiten. Der Arbeitnehmer ist unfallversichert und kann sich freiwillig kranken- und pensionsversichern. Wenn er (bei mehreren Arbeitgebern) die Grenze von 569 Euro überschreitet, muss er in die Kranken- und Pensionsversicherung einzahlen. Der Beschäftigte benötigt eine Arbeitsbewilligung in Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2016)

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