"Auftreten wie ein Popstar": Jihad-Prediger in Graz vor Gericht

STEIERMARK: PROZESS GEGEN MUTMASSLICHE JIHADISTEN MIRSAD O. UND MUCHARBEK T.
STEIERMARK: PROZESS GEGEN MUTMASSLICHE JIHADISTEN MIRSAD O. UND MUCHARBEK T.APA/ERWIN SCHERIAU
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Mirsad O. gilt als Schlüsselfigur der IS-Aktivitäten in Österreich und soll Kämpfer angeworben haben. Der zweite Angeklagte soll für mehrere Morde in Syrien verantwortlich sein.

Im Grazer Straflandesgericht hat heute unter strengen Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen Mirsad O. begonnen. Der Prediger gilt als Schlüsselfigur rund um die Aktivitäten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Österreich und soll Männer als Kämpfer angeworben haben. Mitangeklagt ist ein angeblicher IS-Kämpfer, der in Syrien Morde sowie schwere Nötigungen begangen haben soll.

Die Sicherheitsvorkehrungen wurden für den mittlerweile dritten Islamistenprozess in Graz noch einmal etwas verschärft, es waren noch mehr Polizisten und Mitglieder von Sondereinheiten im Einsatz, die Kontrollen am Saaleingang waren ebenfalls noch strenger. Der Prozess begann pünktlich, das Zuschauerinteresse war eher mäßig. Mirsad O. und der zweite Angeklagte wurden von fünf Sicherheitsbeamten mit Gesichtsbedeckungen vorgeführt.

Predigertätigkeit als gutes Geschäft

Der Staatsanwalt schilderte in seinem mehr als eineinhalbstündigen Plädoyer nicht nur die politischen Zusammenhänge und den historischen Hintergrund der IS-Bewegung, sondern auch das Umfeld in Wien, in dem Mirsad O. gelebt und als Prediger gewirkt hat. "Seine Kernbotschaft war, der Islam ist durch den Jihad zu verbreiten", so der Ankläger, der weiter schilderte, dass O. "ein Auftreten wie ein Popstar hatte, er ist mit einer ganzen Entourage gereist". Die Predigertätigkeit sei auch ein gutes Geschäft gewesen. "Er ist ein richtiger Medienstar gewesen und hat einen eigenen Youtube-Kanal gehabt", so der Staatsanwalt. Das Zielpublikum seien junge Muslime zwischen 14 und 30 Jahren gewesen, die praktisch "einer Gehirnwäsche unterzogen worden sind", führte der Ankläger aus.

Mirsad O. muss sich nicht nur wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation verantworten, sondern er soll der Anstifter für Morde und Nötigungen im Zusammenhang mit terroristischen Taten gewesen sein.

"Bin nicht Mitglied der Propaganda"

Bei seiner Befragung hat Mirsad O. angegeben, nie Männer als Kämpfer für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angeworben zu haben. "Ich bin nicht Mitglied der Propaganda, in keiner Weise" beteuerte er. Die Ausschnitte aus seinen Reden, mit denen er konfrontiert wurde, seien aus dem Zusammenhang gerissen oder zusammengeschnitten worden, rechtfertigte er sich.

Der Angeklagte fühlt sich nicht schuldig. "Sie sollen Leute aufgestachelt haben, nach Syrien zu gehen", konfrontierte ihn der Richter mit dem Vorwurf. "Ich weiß, aber das ist nicht richtig, ich habe nie versucht, jemanden zu überreden", betonte der 34-Jährige.

Er habe auch keine Kontakte zu Extremisten gehabt: "Ich habe nie einen Prediger gehört, der die Leute aufgefordert hat, nach Syrien zu gehen." Er selbst habe in einem Vortrag gesagt "wir mischen uns in den Krieg in Syrien nicht ein". "Das war offenbar nur ein Mal, wenn Sie sich so genau daran erinnern", warf der Richter ein. "Ich hätte alle meine Vorträge selbst aufnehmen sollen", meinte der Angeklagte schon etwas ungehalten. "Ich habe nie gesagt, die Leute sollen nach Syrien gehen. Ich bin nicht Mitglied der Propaganda in Syrien, in keiner Weise", betonte er mehrmals.

"Enorme Gefahr für unseren Rechtsstaat"

Dem Zweitangeklagten werden die Morde und schwere Nötigung konkret vorgeworfen. Er soll die Verbrechen in Syrien begangen haben, wo er unter anderem mehrere Menschen in einem Hochhaus erschossen haben soll. Weiters spricht die Anklage vom Erschießen einiger als Sklavinnen gehaltenen Frauen sowie der Nötigung einer größeren Gruppe, die Häuser zu verlassen, da sie sonst getötet werden würden.

"Es sind aus Österreich schon zu viele junge Frauen und Männer nach Syrien gegangen und getötet worden", warnte der Staatsanwalt am Ende seiner Ausführungen . Die IS-Ideologie sei "eine enorme Gefahr für unseren Rechtsstaat, die wir ernst nehmen müssen".

Beide Angeklagten fühlten sich nicht schuldig. "Es gibt 2.000 Kampftruppen in Syrien, es ist kaum nachzuweisen, wer wo kämpft", meinte der Verteidiger des angeblichen IS-Kämpfers mit tschetschenischen Wurzeln. "Wir werden nachweisen, dass er nicht in der Gegend war", so der Anwalt.

Mirsad O. erklärte, er habe zwar gepredigt, aber nur so, wie er es in Saudi-Arabien gelernt habe. Die Anklage würde seine Reden verfälschen, meinte er zu Beginn seiner Befragung.

(APA)

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