Umfrage sieht Mehrheit für Votum nach britischem Vorbild.
Brüssel. Das für den 23. Juni angesetzte Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU hat auch in anderen Mitgliedstaaten der EU Begehrlichkeiten geweckt. Während in Frankreich Marine Le Pen, Chefin des rechtspopulistischen Front National, für den Fall ihres Sieges bei der Präsidentenwahl 2017 ihren Landsleuten ein Referendum „à la Grande-Bretagne“ verspricht, artikulieren die niederländischen Wähler einen ähnlichen Wunsch. Gemäß einer Umfrage vom Meinungsforschungsinstitut Peil.nl vom 21. Februar fordern 53 Prozent der Niederländer eine Volksabstimmung über die niederländische EU-Mitgliedschaft. 44 Prozent sind demnach gegen ein derartiges Referendum, vier Prozent der Befragten konnten sich diesbezüglich nicht entscheiden.
Mittelfristig kommt auf die EU in den Niederlanden ein Problem zu, sollte sich die Flüchtlingskrise nicht entspannen. Im kommenden Jahr wird nämlich gewählt, und derzeit liegt die populistische Partei PVV (Partij voor de Vrijheid) von Geert Wilders in allen Umfragen haushoch in Führung. Die Umfrage von Peil.nl sieht die PVV derzeit mit 40 von insgesamt 150 Mandaten als klare Nummer eins im niederländischen Parlament – bei der letzten Wahl 2012 holte Wilders insgesamt 15 Mandate. Die derzeit regierende Koalition der Mitte (liberale VVD und sozialdemokratische PvdA), die momentan über 79 Parlamentssitze verfügt, käme demnach nur noch auf 30 Mandatare.
49 Prozent gegen Flüchtlinge
Was die Flüchtlingskrise anbelangt, sind die Niederländer ausgesprochen skeptisch: 49 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, die Grenzen ihres Landes für alle Flüchtlinge zu schließen – unter bekennenden Wählern von Geert Wilders lag die Zustimmungsrate bei rekordverdächtigen 91 Prozent. Die momentane Stimmungslage könnte indes negative Folgen für die Ukraine haben. Auf Initiative eines EU-kritischen Aktionskomitees stimmen die Niederländer am 6. April über das Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Kiew ab – die Ablehnung des Pakts durch den damaligen ukrainischen Staatschef Viktor Janukowitsch im Jahr 2013 hatte zu seinem Sturz und infolge zur Intervention Russlands geführt. Beobachter befürchten, dass die Niederländer gegen das Abkommen stimmen könnten, um ihrer Regierung einen Denkzettel zu verpassen. (la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)