Moskau-Gipfel: Obama setzt auf die junge Generation Russlands

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Der US-Präsident traf Russlands mächtigsten Mann, Putin. „Offen und ehrlich“ sei das Gespräch gewesen. Ein neues Verhältnis will Obama mit jener Generation, die mit beiden Beinen in der Zukunft steht.

MOSKAU. Das üppige Frühstück mit schwarzem Kaviar und Tee aus dem russischen Samowar konnte nicht darüber hinwegtäuschen: Wladimir Putin sah etwas alt aus. Auch ließ der innere Groll die Herzlichkeit im Antlitz des russischen Premiers erst gar nicht aufkommen. Gewiss, US-Präsident Barack Obama hat ihm unabsichtlich geschmeichelt, als er ihn in einem Freud'schen Versprecher „Präsident“ nannte und damit unbewusst bescheinigte, dass er das Sagen im Riesenreich hat.

Aber dass Obama in richtiger Einschätzung der Lage schon vor dem Moskau-Besuch konstatiert hat, Putin würde nur mit einem Bein in der Zukunft, mit dem anderen aber in der Vergangenheit stehen, kann Putin nur schwer verwinden. Man stehe fest auf den Beinen und schaue in die Zukunft, hat Putin pariert.

Beim Frühstück sah man einander zum ersten Mal persönlich. „Sehr erfolgreich, offen und ehrlich“ sei das Gespräch gewesen, verlautbaren US-Kreise. „Wir glauben, dass das eine exzellente Gelegenheit ist, die Beziehungen auf ein festes Fundament zu stellen“, sagte Obama in Putins Residenz Nowo-Ogarjowo bei Moskau und lobte Putins Leistungen an der Spitze des russischen Staates.

Wie ein hochrangiger Mitarbeiter aus Putins Stab laut mitteilte, habe Obama zugesagt, Russlands Interessen im postsowjetischen Raum sowie Russlands Besorgnis wegen der geplanten US-Raketenabwehr in Mitteleuropa stärker zu berücksichtigen. Die Raketenabwehr und die diskutierte Aufnahme von Georgien und der Ukraine in die Nato sind ja der größte Dorn im geopolitischen Auge der Russen.

Putin erinnerte Obama an die wechselvollen Phasen des bilateralen Verhältnisses, das in den vergangenen Jahren an dem tiefsten Punkt seit dem Ende des Kalten Kriegs angelangt war. Mit Obamas Namen sei „die Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen verbunden“, sagte er.

USA wollen „starkes Russland“

Dass dieser zuletzt als „Neustart“ bemühte Umschwung mit einer Sowjet-geschulten Staatsführung zu stemmen ist, scheint auch Obama zu bezweifeln. Die Zukunft, in der Putin angeblich nur mit einem Bein steht, werde von einer neuen Generation geschrieben, sagte Obama am Dienstag in seiner Rede vor 1500 Zuhörern an der liberalen Moskauer Wirtschaftsuniversität „New Economic School“.

„Ihr entscheidet, wie es weitergeht“, hielt Obama fest und gab selber einen visionären Ausblick auf eine neue Qualität der russisch-amerikanischen Kooperation. Die USA wünschten sich ein „starkes, friedliches und wohlhabendes Russland“ als Partner, das seinen Platz als Großmacht wieder einnimmt. Der US-Präsident rief Russland dazu auf, das gegenseitige Misstrauen zu überwinden.

Was die nukleare Abrüstung betrifft, so hatte sich Obama am Montag mit seinem jüngeren russischen Amtskollegen Dmitrij Medwedjew auf einen Rahmenvertrag geeinigt, diese voranzutreiben; für den am 5. Dezember auslaufenden „Start“-Vertrag soll ein Nachfolgeabkommen ausgearbeitet werden. Ein Aufbrechen der beiderseitigen Positionen brachte das Treffen in dieser Angelegenheit aber genauso wenig wie in der Frage der Raketenabwehr. Konkret vereinbart aber wurde, dass Russland den Amerikanern künftig den Transport militärischer Güter über russisches Territorium nach Afghanistan erlaubt.

Am Dienstag traf sich Obama in Moskau abermals mit Medwedjew, aber auch mit dem früheren sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow und mit russischen Oppositionellen.

AUF EINEN BLICK

Michail Gorbatschow war einer der Vertreter des nichtoffiziellen Russland, mit dem US-Präsident Obama am Dienstag zusammentraf. Auch eine Begegnung mit russischen Oppositionspolitikern und Menschenrechtsaktivisten stand auf dem Programm.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2009)

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