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Lopatka: „Dann hat er von Demokratie nichts verstanden“

NATIONALRAT: LOPATKA
ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Demokratiepolitisch bedenklich findet ÖVP-Klubchef Lopatka die jüngsten Aussagen Van der Bellens in Bezug auf die FPÖ. Doch darf das ein Bundespräsident – einfach den Nationalrat auflösen?

Wien. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka ist empört: „Wer die Parlamentsmehrheit bei Wahlen erzielt, ist vom Volk legitimiert. Das gilt natürlich auch für die FPÖ und Heinz-Christian Strache. Wenn Van der Bellen das nicht akzeptiert, dann hat er von Demokratie nichts verstanden.“ Und was geschehe nach Neuwahlen? Wenn dann wieder die FPÖ gewählt werde, trete Van der Bellen dann zurück und sorge für weiteres Chaos?

Alexander Van der Bellen hatte in einem „Österreich“-Streitgespräch mit Irmgard Griss für Aufsehen gesorgt: Er meinte, er würde die FPÖ selbst nach einer absoluten Mehrheit nicht zwingend mit der Regierungsbildung beauftragen. Schließlich könne ein Bundespräsident auch den Nationalrat auflösen und so für Neuwahlen sorgen. Dies sei demokratiepolitisch überaus bedenklich, meint Lopatka. Van der Bellen sei kein Staatsmann, sondern ein Parteipolitiker.

Aber darf der Bundespräsident so einfach den Nationalrat auflösen? Nein. Zwar ist in Artikel 29 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) tatsächlich zu lesen: „Der Bundespräsident kann den Nationalrat auflösen“, was auf den ersten Blick so klingt, als könnte die Hofburg tatsächlich im Alleingang für Neuwahlen sorgen.

 

Nur auf Antrag der Regierung

Allerdings steht an anderer Stelle, nämlich in Artikel 67 B-VG, dass alle Akte des Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung erfolgen, sofern nichts Gegenteiliges in der Verfassung vorgesehen ist. Ergo kann der Bundespräsident nur auf Vorschlag der Regierung den Nationalrat auflösen.

Die Auflösung darf zudem nur einmal aus demselben Grund erfolgen. Ob als Grund dafür die von Van der Bellen zuletzt auch genannte Europafeindlichkeit der Freiheitlichen ausreiche, da ist sich Verfassungsjurist Heinz Mayer nicht sicher: „Es muss eine Begründung sein, die die Wähler überzeugt“, sagt er zur „Presse“.

Und im Falle eines sich andeutenden Machtkampfs zwischen Nationalrat und Hofburg könnte auch das Parlament zuschlagen. Der Nationalrat könnte – allerdings mit Zweidrittelmehrheit – eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten in Gang bringen. Beschließen müsste diese darauf die Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat gemeinsam). Das ist aber auch für den Nationalrat nicht ohne Risiko.

Entscheidet das Volk, dass der Bundespräsident nicht abgesetzt werden soll, gilt das als Auflösung des Nationalrates. Umgekehrt würde der Amtsinhaber in der Hofburg als für weitere sechs Jahre gewählt gelten. Die maximale Amtszeit von zwölf Jahren hintereinander darf aber nicht überschritten werden.

 

Nicht ganz freie Willensbildung

Auch wenn Bundespräsidenten schon einzelne Minister abgelehnt haben sollen, sind sie also nicht ganz frei in ihrer Willensbildung. „Letztlich muss er eine Regierung bilden, die nicht nur sein Vertrauen, sondern auch das Vertrauen des Nationalrates genießt“, formuliert es Mayer. (aich/hell/oli)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2016)