Bildungslandesrätin Palfrader (ÖVP) wehrt sich gegen „dreiste Falschaussagen“ aus AHS-Kreisen. Die Gewerkschaft kontert, die Schulpartner reichen eine Petition ein.
Landeck. Der Kampf zwischen den Befürwortern einer Gesamtschule und den Verfechtern des Gymnasiums wird in Tirol von Tag zu Tag intensiver: Die Tiroler Bildungslandesrätin, Beate Palfrader (ÖVP), die unbedingt weitere Modellregionen zur Gesamtschule schaffen will, wandte sich vor wenigen Tagen per Brief an die Eltern und wetterte gegen die AHS-Personalvertretung, die „völlig falsche Informationen“ über die Gesamtschulpläne verbreite. Der oberste AHS-Lehrervertreter, Eckehard Quin, schimpft empört zurück und legt Tirols Landeshauptmann, Günther Platter (ÖVP), indirekt sogar den Rauswurf Palfraders aus der Tiroler Regierung nahe.
Doch von vorn: Die schwarz-grüne Tiroler Landesregierung will schon lange weitere Versuche zur Gesamtschule starten. Derzeit wartet man auf die gesetzliche Regelung auf Bundesseite, also auf das endgültige Ergebnis der Bildungsreform. In letzter Zeit wurde immer wieder über mögliche Standorte diskutiert – etwa über eine Modellregion in Osttirol, Reutte, Imst oder Landeck.
Vor allem in Landeck kochen die Emotionen seither hoch. Palfrader schrieb in ihrem Brief, dass „im Speziellen das BRG/Borg Landeck und die Personalvertretung der AHS“ gegen „eine sinnvolle Erneuerung des Bildungswesens kämpfen“. Es würden „dreiste Falschaussagen“ getätigt und „unglaubliche Falschinformationen verbreitet“. Außerdem kenne der Direktor die aktuellen Forschungsergebnisse nicht. So steht es in Palfraders Brief, der an die Eltern der Unterstufenschüler der Landecker Schule weitergegeben werden musste.
„Ihre Nerven müssen blank liegen, wenn sie so agiert“, schreibt Quin über Palfrader und macht sich auf seinem Blog außerdem noch über einen Tippfehler lustig: „Am besten aber gefällt mir die Bezeichnung derer, die gemeinsam mit dem Direktor gegen die Bestrebungen der Bildungslandesrätin ankämpfen: ,Mistreiter‘. Tippfehler oder Freud'sche Fehlleistung? Sei es, wie es sei. Aber gegen diesen Mist kann man nur ankämpfen (. . .).“
Eltern sehen „Bildungsdiktatur“
Doch nicht nur die Gewerkschafter, sondern auch Eltern, Lehrer und Schüler kämpfen gegen die Pläne der Landesrätin. Anfang der Woche überreichten die Schulpartner den Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneten Karlheinz Töchterle und Hermann Gahr eine Petition gegen die Gesamtschulpläne. 1200 Unterstützungserklärungen wurden dafür gesammelt. Auch in der Petition ist der Ton harsch: Modellregionen gegen den Willen der Betroffenen einzurichten, würde den „Grundprinzipien der Demokratie widersprechen“ und seien ein „Schritt in Richtung Bildungsdiktatur“. (j. n.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2016)