Wirtschaftsstandort Österreich: Es geht bergab, aber auch voran

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Der Standort verliert weiter an Wettbewerbsfähigkeit, zeigt Deloitte. Was Hoffnung macht: Bei Innovation, Korruption und Steuerplanungssicherheit ist die Trendwende geschafft.

Wien. Eine neue Strophe im Klagelied? Laut Standort-Radar von Deloitte verliert Österreich an Attraktivität für die Wirtschaft: Der Index hat sich zum Vorjahr weiter verschlechtert, von 3,00 auf 2,86. Was auch aus formalen Gründen nicht überraschen sollte: Die Berater basteln nicht ihr eigenes Länder-Ranking, sondern fassen die wichtigsten zusammen und reichern sie durch eigene Erkenntnisse an. So zeigt sich: Bei der Wettbewerbsfähigkeit geht es steil talwärts, wie das Weltwirtschaftsforum und die Schweizer Business School IMD unisono verkündet haben. Weniger im Fokus: Bei der Lebensqualität, gemessen von der OECD, hält Österreich im Trend sein hohes Niveau – wenn auch „zu hohen Kosten“, ergänzt Bernhard Gröhs, geschäftsführender Partner bei Deloitte.

Aufhorchen lassen zwei andere Ranglisten: Die öffentliche Hand wird als weniger korrupt wahrgenommen, bescheinigt Transparency International. Auch bei den Innovationen, deren sich die französische Elite-Uni Insead annimmt, hat die Alpenrepublik eine Trendwende geschafft. Seit zwei Jahren geht es hier wieder aufwärts. Die Ausgaben für Forschung sind deutlich gestiegen, mit drei Prozent des BIPs liegt Österreich schon auf Platz vier in Europa und vor Deutschland. Zudem ist der Ausblick von Deloitte positiv, nicht zuletzt dank der Forschungsprämie, die im Zuge der Steuerreform von zehn auf zwölf Prozent gestiegen ist.

Auch Ideen gäbe es genug. Sorgen bereitet weiter, dass Risikokapital so rar ist wie Wasser in der Wüste. Ein skurriler Grund: Der Zugang zu diesen Eigenmitteln für Gründer werde „schon seit 15 Jahren nur bestraft“. Die Folge: „Gerade erfolgreiche Projekte“ wandern an der Schwelle zum wirtschaftlichen Durchstarten ab.

Ganz in ihrem Element sind die Deloitte-Experten beim Thema Steuern. Auch nach der Reform, die sie in Summe neutral bewerten, sehen sie in der hohen Abgabenbelastung weiter den größten Mühlstein für die heimische Wirtschaft. Dennoch: Bei der europaweiten Kundenbefragung hat sich der Steuerstandort „durchaus überraschend“ etwas verbessert. Denn es gäbe nun mehr Planungssicherheit als früher. Die „klare Formel“ der Steuerreform: „Sätze runter, aber dafür zahlt jeder“, zeuge von Mut.

Lob für Finanzverwaltung

Ob Registrierkasse, Meldepflicht oder Kontenregister: Präventive Maßnahmen gegen Steuerbetrug, auf die sich alle einstellen können, hält Gröhs für viel besser, „als hinterher die Strafen zu erhöhen“. Auch die Finanzverwaltung verdiene Lob, weil sie „vor allem bei großen Unternehmen“ sehr serviceorientiert agiere. Das strategische Ziel, sich zur „besten Abgabenverwaltung der Welt“ zu mausern, sei ebenso ambitioniert wie wichtig. Freilich sieht das ökonomische Umfeld düster aus: eine der geringsten Wachstumsraten in Europa, sinkende Investitionen, hohe Staatsverschuldung und steigende Arbeitslosigkeit. Wenig Hoffnung macht man sich bei Deloitte, dass die Politik durch weniger Bürokratie und einen flexibleren Arbeitsmarkt für echte Entspannung sorgt.

Aber auch hier ließe sich bei einem Lichtblick anknüpfen: Beim E-Government, den Serviceleistungen für Bürger im Internet, „ist Österreich international führend“. Für den Abbau der lähmenden Überregulierung sieht Gröhs Großbritannien als Vorbild: Dort habe sich das Prinzip „one in, two out“ (für jede neue Regelung sind zwei alte zu entsorgen) „bestens bewährt“.

Nun mag man meinen: Wenn man Manager befragt, wird die Leistung von Politik und Verwaltung immer und überall schlechter dastehen als die des privaten Sektors. Aber das müsse nicht sein, betont man bei Deloitte: In der Schweiz und Deutschland zeigten die internationalen Standortstudien sogar das umgekehrte Bild.

Und die Bildung? Partnerin Gundi Wentner sieht eine „immer größere Kluft“ zwischen dem Angebot aus den Schulen und dem Bedarf der Unternehmen. Das könnte unter anderem auch an der hierzulande „zu ausgeprägten Fehlerkultur“ liegen. Sprich: Lehrer sollten weniger versuchen, die Schwächen ihrer Schüler zu suchen, als die in jedem schlummernden Talente zu erkennen. Worum wir uns hier beim Kandidaten Österreich redlich bemüht haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2016)

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