Kalte Progression: Wie sich Schellings Plan auswirken würde

Kalte Progression: Was Schellings Plan bewirken würde
Kalte Progression: Was Schellings Plan bewirken würdeAPA/HANS KLAUS TECHT
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Die Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung hat das Modell des Finanzministers zur Entlastung der Steuerzahler durchgerechnet.

Die "kalte Progression" würde mit dem von Finanzminister Hans Jörg Schellling (ÖVP) vorgeschlagenen Modell nur abgemildert, nicht gänzlich gestrichen. Das zeigt eine Simulationsrechnung der Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW). Demnach würde der Steuerzahler ab 2019 entlastet - bis dahin bliebe dem Staat ein "Körberlgeld" von 1,2 Milliarden Euro.

Die kalte Progression entsteht, weil die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstufen aber nicht an die Inflation angepasst werden. Somit rutschen Arbeitnehmer durch Lohnsteigerungen in höhere Steuerklassen vor, auch wenn ihr Einkommen real (also abzüglich Inflation) nicht notwendigerweise an Kaufkraft gewinnt. Finanzminister Schelling will die Steuerstufen daher automatisch anpassen, sobald die Inflation fünf Prozent überschreitet. Die SPÖ ist (wie AK und Gewerkschaft) grundsätzlich ebenfalls für ein Schwellenwert-Modell, aber gegen einen Automatismus.

Angesichts der aktuellen Inflationsprognosen geht die GAW davon aus, dass der Schwellenwert 2019 erreicht würde. Im nächsten und übernächsten Jahr gäbe es damit keine Anpassung des Steuersystems. Die kalte Progression würde dem Finanzminister folglich Mehreinnahmen von 410 Mio. Euro 2017 und über 800 Mio. Euro 2018 einbringen. Ein "Spielraum zum Umverteilen oder Mehrausgeben", wie Florian Wakolbinger von der GAW meint. Eine jährliche Valorisierung würde der Regierung dieses "Körberlgeld" streichen.

Mittlere und hohe Einkommen am stärksten betroffen

Außerdem zeigt die GAW-Simulation, wer von der Abfederung der kalten Progression hauptsächlich profitieren würde. Am stärksten betroffen sind demnach die mittleren und hohen Einkommen: Sie verlieren bis 2018 zwischen 0,5 und 0,6 Prozent ihrer Kaufkraft durch die kalte Progression. Beim untersten Einkommenszehntel sind es dagegen nur 0,04 Prozent.

Die SPÖ möchte bei der Abfederung der kalten Progression daher die unteren Einkommen stärker Berücksichtigen. Wakolbinger plädiert stattdessen dafür, auch die Familienbeihilfe laufend zu valorisieren, denn: "Das hätte im unteren Bereich einen deutlich stärkeren Effekt." Die Entlastung des untersten Zehntels würde damit von 0,4 auf 0,28 Prozent steigen.

Zur teilweisen Gegenfinanzierung schlägt Wakolbinger vor, auch Verbrauchssteuern wie die Mineralölsteuer laufend an die Inflation anzupassen. Hier hat die Inflation nämlich derzeit den umgekehrten Effekt einer jährlichen Steuersenkung, weil die Steuersätze pro Liter Benzin nicht valorisiert werden. Eine laufende Inflationsanpassung würde zur "Ökologisierung" des Steuersystems beitragen, argumentiert Wakolbinger. Zuletzt hat auch die EU-Kommission empfohlen, die Steuerlast weg von der Arbeit und hin zu Umweltsteuern zu verlagern.

(APA)

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