Kritik an Faymann-Soloauftritt bei "Im Zentrum"

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Die ÖVP fordert von Wrabetz ein Überdenken der Entscheidung. Die FPÖ ortet einen "medienpolitischen Skandal der Sonderklasse". Die Grünen sehen das Faymann-Einzelinterview besser in der "Pressestunde" aufgehoben.

Der ORF widmet sein Diskussionsformat "Im Zentrum" kommenden Sonntag ausschließlich einem Interview mit Bundeskanzler Werner Faymann. Thema ist der dieswöchige EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise. Für diesen Solo-Auftritt hagelt es Kritik von allen Seiten. ÖVP, FPÖ und Grüne sehen die Glaubwürdigkeit und Objektivität des ORF auf dem Spiel und einen "Kniefall" im Vorfeld der ORF-Wahl.

"Besonders ungeschickt"

Dass der ORF ausschließlich den SPÖ-Chef einladen will, sei "nicht nur politisch fragwürdig, sondern auch noch besonders ungeschickt", erklärte ÖVP-Mediensprecher Peter McDonald. Ein öffentlich-rechtlicher Sender sollte bei der Auswahl seiner Gäste besondere Sensibilität an den Tag legen. "Gerade in Anbetracht dieser besonderen Stellung und auch dessen, dass im Sommer ein neuer Generaldirektor gewählt wird, setzt Generaldirektor Alexander Wrabetz durch derartige Signale, die in Richtung politischer Interventionen interpretiert werden können, Glaubwürdigkeit und Objektivität des ORF aufs Spiel", so McDonald, der von Wrabetz ein Überdenken der Entscheidung forderte.

"Kniefall der ORF-Führung"

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sprach von einem "medienpolitischen Skandal der Sonderklasse". Offensichtlich handle es sich um einen "vorsorglichen Kniefall der ORF-Führung angesichts der bevorstehenden Generaldirektorswahlen", so der FPÖ-Politiker. "Die parteipolitische Einseitigkeit des ORF ist ja allgemein bekannt, aber so offen hat er sich noch selten als Rotfunk deklariert." Es sei ungeheuerlich, dass es Faymann in einer Sendung, die als Diskussionsrunde gedacht sei, gestattet werde, ohne Mitdiskutanten seine Sprechblasen abzusondern.

Vorbild Anne Will?

Kritik kam auch von den Grünen. "Werner Faymann scheut Diskussionen mit der politischen Konkurrenz. Schon bei der letzten Nationalratswahl verweigerte er die Elefantenrunde. Jetzt bekommt er mit 'Werner allein im Wohnzimmer' ein eigenes Sendungsformat", so Mediensprecher Dieter Brosz. "Es ist einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk unwürdig, im Vorfeld der anstehenden ORF-Neuwahl vor dem roten Parteichef zu buckeln. Wenn der ORF der Meinung ist, dass ein Interview mit Faymann die journalistisch bessere Alternative ist, gäbe es dafür die 'Pressestunde'. Offenbar kann Faymann sogar den Zeitpunkt der Ausstrahlung eines Interviews diktieren. Das ist nur mehr peinlich und wohl ein Vorgeschmack darauf, was uns in den nächsten Monaten noch alles erwartet."

Der ORF nimmt sich mit dem Solo-Auftritt Faymanns den ARD-Talk mit Anne Will zum Vorbild, die zuletzt ein Interview mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesendet hatte, wie es aus dem öffentlich-rechtlichen Sender hieß.

(APA)

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Kommentare

Faymann hat eine Schlacht gewonnen, nicht den ORF-Krieg

Der Bundeskanzler also allein in einer Diskussionssendung.

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