Trends 2016: Der Wert des Wohnens

Gesetzliche Änderungen animierten 2015 zu einem Rekord an Transaktionen. 2016 wird die starke Nachfrage nach günstigem Wohnraum prägen.

Seitwärts, nicht mehr aufwärts, bewegten sich 2015 die Preise für Eigentumswohnungen – und das, obwohl ein neuer Transaktionsrekord aufgestellt wurde. „Die endgültigen Zahlen werden wir mit dem Re/Max-ImmoSpiegel im März 2016 präsentieren“, erklärt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von Re/Max Austria, da ja noch mit „Nachläufen“ im Grundbuch zu rechnen ist. Aber „eines kann man bereits vorwegnehmen: 2015 wurde erstmals die Grenze von 100.000 Immobilien-Verkäufen pro Jahr deutlich durchbrochen“. Die Gründe, warum der Markt wie nie zuvor florierte, waren laut Reikersdorfer „das steigende Immobilienangebot 2015, die anhaltend gute Nachfrage, die weitgehend stagnierenden Preise, das historisch niedrige Zinsniveau und die Steuerreform“.
Man könnte auch sagen: vor allem die Steuer­reform, auf die für ÖVI-Vorstand Elisabeth Rohr „ein Gutteil der erhöhten Grundbuchtransaktionen zurückzuführen ist“. Die mit Jahresbeginn wirksam gewordenen Änderungen der Immobilienbesteuerung dürften für viele Anlass gewesen sein, Immobilientransaktionen noch 2015 über die Bühne zu bringen.
Die heimische Immobilienbranche ist sich einig, dass die gesetzlichen Eingriffe nicht dazu angetan sind, das Vertrauen in Immobilieninvestments zu erhöhen. Und letztendlich hat die Steuerreform der Immobilienwirtschaft „neuerlich eine Mehrbelastung von rund 500 Millionen Euro beschert“, meint Michael Pisecky, Geschäftsführer der sReal. Vor allem die Privat­investoren werden von der Gesetzesänderung besonders betroffen. Zusätzlich hat die erwartete Steuerreform – wie erwähnt – schon einen Teil der Transaktionen für 2015 abgeschöpft. Prognosen für das laufende Jahr sind schwierig, zumal die wirtschaftliche Situation auch nicht besser werden dürfte.

Gesucht: günstige Wohnungen

Die angespannte Lage ist auf jeden Fall ein Grund, warum eher günstige Wohnungen gesucht werden und die Luft weiter oben schon recht dünn wird, wie Georg Spiegelfeld, Geschäftsführer von Spiegelfeld Immobilien und Präsident des Immobilienring IR meint: „Die Top­objekte werden heuer schwer zu vermarkten sein.“ ÖVI-Vorstand Andreas Wollein konkretisiert: „Unter den derzeitigen Marktgegebenheiten sind Objekte im Allgemeinen dann gut absetzbar, wenn der Quadratmeterpreis nicht über 3500 pro Quadratmeter beziehungsweise der Kaufpreis eines Objekts insgesamt unter 300.000 Euro bleibt. Darüber hinaus wird es zunehmend schwerer, Abnehmer zu finden.“ Solange das Zinsniveau allerdings nicht spürbar nach oben klettert, „wird auch die Nachfrage nach Immobilien weiter anhalten“, ist Wollein überzeugt. Allerdings gibt Reikersdorfer zu bedenken: „Im unteren Immobilien-Preissegment ist viel Nachfrage, aber viel zu wenig Angebot vorhanden. Daher werden genau in diesem Bereich weiterhin die Preise leicht anziehen, mit allen sozialen Konsequenzen.“ Eindeutig lässt sich in Wien erkennen, dass die Nachfrage in den als günstig geltenden Bezirken besonders hoch ist.

Kleinere Mieteinheiten gefragt

Ähnliches erlebt dezeit der Mieter. „Wir haben einen Mietmarkt, in dem die überwiegende Nachfrage und oft auch die finanziellen Möglichkeiten der Mieter von vor zwei Jahren 1000 Euro pro Monat auf 800 Euro gesunken sind und nun weiter Richtung 700 sinken wird“, so Pisecky. Daher sind grundsätzlich kleinere Wohnungen gesucht, die entsprechend ideale Grundrisse bieten. Doch genau das scheint ein Problem derzeit zu sein, denn Pisecky bemängelt: „Es gibt viel zu wenige Kleinwohnungen! Man sollte aufhören, so viele Penthäuser und große Wohnungen zu bauen, sondern man sollte sich auf kleinere Einheiten auch in den oberen Stockwerken konzentrieren. Sonst produziert man am Bedarf vorbei.“ Dabei könnte der Gesetzgeber auch Anreize setzen: Derzeit sind nämlich nur Wohnungszusammenlegungen steuerlich begünstigt. Also: „Warum begünstigen wir nicht den Umbau von großen Wohnungen auf kleinere?“
Ein Schlagwort hat die Immobilienwirtschaft im Vorjahr begleitet und wird es auch in diesem Jahr tun: „Leistbares Wohnen“. Besonders in den Ballungsgebieten wird die verstärkte Zuwanderung den Immobilienmarkt nachhaltig beeinflussen. Pisecky ist sich sicher: „Die Forderung nach einem ausreichenden Angebot an Wohnraum und die da­mit einhergehenden gesetzlichen und regulatorischen Änderungen sowie die
Reduzierung von Hemmnissen werden nicht so schnell aus den Schlagzeilen verschwinden.“

Nationaler Aktionsplan

Der soziale Wohnbau wird diese Herausforderung nicht allein bewältigen können, meint Pisecky – und ein neues Wohnrecht werde nicht genügen. Viel mehr wäre ein „ein nationaler Aktionsplan erforderlich, um eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum zu ermöglichen“. Pisecky steht mit seiner Forderung nicht
allein da. Faktisch die gesamte
heimische Immobilienbranche ist mit dem oft sinnlosen Wust an Normen und Gesetzen mehr als unzufrieden. Leistbaren Wohnraum zu schaffen wird derzeit damit nicht erleichtert, sondern nur erschwert, so der Tenor aus der Branche.

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