"Notwehr": Blau-grüne Allianz gegen das Staatsschutzgesetz

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Symbolbild (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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FPÖ und Grüne orten in den Plänen zum Staatsschutzgesetz Grund- und Verfassungsrechtsverstöße. Sie planen eine Drittelbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof.

Die Regierungspläne zum Staatsschutzgesetz haben eine ungewöhnliche politische Allianz geboren: Freiheitliche und Grüne planen eine Drittelbeschwerde, um das Gesetz beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu bekämpfen. FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann und sein grünes Pendant, Peter Pilz, hoffen dabei auf einen Neustart, sagten sie am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Die beiden Parlamentsparteien orten in den Plänen zum Staatsschutzgesetz zahlreiche Grund- und Verfassungsrechtsverstöße. Darmann kritisierte etwa die "Unverhältnismäßigkeit" des Anwendungsbereiches, der Deliktskatalog gehe weit über den Bereich der Terrorismusbekämpfung hinaus. Etwa beim Landfriedensbruch, wo Pilz bereits die Überwachung von "organisierten Fußballfans" und deren Kontakten befürchtet. Wie bei der vom VfGH abgewendeten Vorratsdatenspeicherung könnten etwa Telefonnummern massenhaft gespeichert werden.

Auch mit dem laut den Oppositionspolitikern mangelhaften Rechtsschutz soll sich der VfGH beschäftigen. Der von der Regierung vorgesehene Rechtsschutzbeauftragte sei keine Alternative zu einer richterlichen Kontrolle. Die Befugnisse der neu einzusetzenden Vertrauenspersonen seien zudem nicht ausreichend geregelt, es bestehe "die Gefahr der Anstiftung und Beteiligung an strafbaren Handlungen im Auftrag des Staates". Mit der geplanten "Analysedatenbank" werde der heimische Geheimdienst zum "Selbstbedienungsladen" für Kollegen aus dem Ausland.

Nicht ausreichend "Giftzähne" gezogen

FPÖ und Grüne haben nun Experten der AKVorrat, darunter der Rechtsanwalt Ewald Scheucher und der Verfassungsjurist Christof Tschohl, beauftragt, die Drittelbeschwerde zu erarbeiten. Pilz rechnet damit, dass die Vorlage in den kommenden zwei Monaten einreichbereit ist und noch vor dem Sommer dem VfGH übermittelt werden kann. Genau dann solle auch das zu bekämpfende Gesetz in Kraft treten, das - im Falle einer verfassungsgerichtlichen Aufhebung - ein halbes Jahr später wieder zurückgenommen werden könnte.

>>> Die Eckpunkte des neuen Gesetzes

Die beiden Oppositionsparteien hoffen im Falle einer für sie positiven Entscheidung auf einen Neustart beim Staatsschutzgesetz. Zwar hätten die parlamentarischen Verhandler aller Parteien dem derzeitigen Entwurf mehrere "Giftzähne" gezogen, allerdings nicht genug. Bei möglichen neuen Verhandlungen hofft Pilz auch auf den Ausschluss des Innenministeriums, "weil es nur Unfug bereitet". Bedarf für eine präzise Regelung des Staatsschutzes gebe es aber dennoch. Darmann kritisierte, dass die Verhandlungen zum aktuellen Entwurf zu schnell gegangen seien.

Dass ausgerechnet Freiheitliche und Grüne eine Allianz gebildet haben, begründeten beide Parteivertreter mit der akuten Notwendigkeit einer Reparatur. Für Pilz handelt es sich dabei um eine "parlamentarische Notwehrgemeinschaft", denn: "Wenn ich in der Früh aufstehe, ist nicht mein erster Wunsch, mit freiheitlichen Kollegen eine gemeinsame Pressekonferenz zu machen."

ÖVP-Klub über Drittelbeschwerde "überrascht"

Die ÖVP-Fraktion im Parlament hat sich über die von FPÖ und Grünen angekündigte Drittelbeschwerde am Mittwoch "überrascht" gezeigt. Mit den beiden Oppositionsparteien sei "sprichwörtlich bis zur letzten Sekunde" verhandelt worden, meinte Klubobmann Reinhold Lopatka. Und "beide Parteien waren eigentlich mit den Inhalten des Gesetzes zufrieden und haben - aus taktischen Erwägungen und mit fadenscheinigen Begründungen - die Zustimmung zum Gesetz verweigert", kommentierte Lopatka weiter.

(APA)

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