Wie der Verteidigungsminister das Bundesheer umkrempeln will

Will mehr Grundwehrdiener, mehr Personal, mehr Geld – aber vereinfachte Strukturen: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil.
Will mehr Grundwehrdiener, mehr Personal, mehr Geld – aber vereinfachte Strukturen: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil.(c) APA/BARBARA GINDL
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Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) will die Truppe massiv umkrempeln: Die Anzahl schnell verfügbarer Soldaten soll fast verdreifacht werden. Was (noch) fehlt: der Sanktus vom Finanzressort.

Wien. Kommando retour beim Bundesheer: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) legt das jüngste Sparpaket seines Vorgängers und Parteikollegen Gerald Klug auf Eis. Die Kürzungen, auf die sich die Koalition Ende 2014 geeinigt hat, werden, sofern das noch möglich ist, gestoppt. Das betrifft unter anderem den Verkauf einiger Kasernen, aber auch das Einmotten von Panzern.

Doskozil (bzw. sein Generalstab) hat nämlich andere Pläne: Die Truppe soll massiv umgekrempelt werden und eine neue Struktur bekommen, erklärt der Minister bei einem Hintergrundgespräch. Die Umsetzung seines Konzepts hängt allerdings von zwei nicht unwesentlichen Faktoren ab. Nummer eins: Doskozil will einen internen Diskurs im Haus über seine Ideen starten. Er sei auch offen für Änderungen – etwa bei der Gründung neuer Waffengattungen oder der Militärmusik. Faktor Nummer zwei ist der problematischere der beiden – siehe Punkt „Budget“. So oder so: Das neue Konzept soll bis 10. Juni stehen. Anfang des kommenden Jahres könnte es dann bereits in Kraft treten.

Ministerium

Wenn gespart wird, dann wohl hier: Die „Zentralstelle“, wie das Ministerium genannt wird, soll schlanker organisiert werden. Begonnen hat damit bereits Doskozils Vorgänger, Klug: Sein Plan war es, den Personalstand von rund 900 auf 660 zu reduzieren. Wie viele Posten der Neominister beibehalten will, verrät er nicht. Fest stehe aber: Doppelgleisigkeiten sollen abgebaut werden. „Sehr intensiv“ werde auch geprüft, wie man mit der Funktion des Generalstabschefs umgehe: Sie könnte zum Generalsekretär umfunktioniert werden. Dann hätte der oberste Militär auch ein Weisungsrecht über die zivilen Sektionen im Ministerium. Eine Entmachtung des Generalstabs sei allerdings in keinem Fall geplant.

Einsatzkräfte

Nicht nur das Ministerium, sondern auch die Truppe soll umstrukturiert werden – zumindest wenn es nach Doskozil geht. Das Streitkräfteführungskommando soll es in Zukunft nicht mehr geben. Es könnte geteilt werden – in ein „Kommando Land“ und ein „Kommando Luft“. Der Grund: Entscheidungen könnten rascher gefällt werden, die Befehlskette sei im Ernstfall kürzer. „Für beide Kommanden soll es viel mehr Substanz geben“, meint Generalstabschef Othmar Commenda. In diesem Fall soll das wohl hauptsächlich heißen: mehr Personal.

Personal

Mehr Personal soll es vor allem für die Landstreitkräfte geben: Dort mangelt es an Unteroffizieren und Gruppenkommandanten. Vor allem der Assistenzeinsatz zehrt derzeit an der Truppe. „Wir haben ein Defizit und gelangen ans Ende unserer Kräfte“, meint Doskozil. „Die rote Linie wurde bereits unterschritten“, sagt Commenda. Der Anteil der rasch einsatzbereiten Berufs- und Zeitsoldaten soll auf längere Sicht von 2200 auf 6000 erhöht werden. Das sind etwa jene sogenannten Kaderpräsenzeinheiten, die derzeit im Grenzeinsatz sind. Kurzfristig nutzt Doskozil freie, bereits bestehende Posten, um den Anteil dieser Kaderpräsenzeinheiten auf 2500 zu erhöhen. Ein neues Dienstrecht für Beruf- und Zeitsoldaten plant Doskozil allerdings noch nicht. „Das ist noch zu früh.“

Aber man müsse allgemein als Arbeitgeber attraktiver sein. Mehr Nachwuchs erhofft man sich auch durch den Grundwehrdienst. Das Heer müsse (diesmal wirklich) versuchen, mit anderen Organisationen in einen Konkurrenzkampf zu treten. Auch – und vor allem – mit dem Zivildienst.

Militärkommanden

Verantwortlich für die Ausbildung der Grundwehrdiener sollen in Zukunft verstärkt die Militärkommanden sein. Allgemein sollen diese Landesorganisationen des Heeres, wenn man sie so nennen will, an Macht gewinnen: „Wir wollen eine Dezentralisierung“, formuliert es Doskozil. Das bedeutet mehr Verantwortung für die Militärkommanden. Sie sollen aber nicht nur für die Rekruten verantwortlich sein, sondern auch für die Miliz: Eine Reform für jene Soldaten, die neben ihrem Zivildienst zeitweise beim Heer sind, ist schon länger geplant. In Zukunft sollen sie stärker regional gebunden sein – und öfter für Übungen zusammentreffen. Dafür brauche es auch mehr Ausrüstung.

Budget

Ob Doskozils Plan hält, hängt auch von einem seiner Regierungskollegen ab: Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Denn das neue Konzept kostet – nur wie viel, wollte Doskozil Anfang der Woche nicht verraten. „Wir brauchen mehr Budget“ ist alles, was er dazu sagen will. Generalstabschef Commenda drückt etwas weniger diplomatisch aus, dass er mehr Finanzmittel will: „Wer noch nicht begriffen hat, dass auf Europa eine massive Bedrohung zurollt, der lebt hinterm Mond.“

Die Verhandlungen mit dem Finanzressort laufen bereits: Derzeit noch auf Beamtenebene – kommende Woche wollen sich die beiden Minister treffen. Schelling hält sich ebenfalls bedeckt. Die Wünsche aus dem Verteidigungsministerium wollte er am Mittwoch nicht kommentieren. In seinem Büro verwies man aber auf das Sonderbudget in Höhe von 600 Millionen bis 2020, das – ebenfalls Ende 2014 – für Investitionen beschlossen wurde. Rückendeckung gab es für Doskozil hingegen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): „Es braucht jetzt mehr Schlagkraft, um die vielfältigen neuen Herausforderungen gemeinsam bestmöglich zu bewältigen.“

Auf einen Blick

Ende 2014 beschlossen SPÖ und ÖVP ein Sparpaket für das Bundesheer. Rund 200 Millionen jährlich sollten so gekürzt werden. Nun sind diese Maßnahmen auf Eis gelegt: Der neue Verteidigungsminister, Hans Peter Doskozil (SPÖ), will die Strukturen im Heer ändern und mehr Personal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2016)

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