Habsburgs Megastar Franz Joseph I.

"Der ewige Kaiser" - ÖNB illustriert Mythos-Bildung Franz Josephs I.APA/HARALD SCHNEIDER
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Österreichische Nationalbibliothek. Die Ausstellung "Der ewige Kaiser" zeigt, wie die Monarchie ihren vorletzten Repräsentanten inszeniert hat.

Fast 68 Jahre Herrschaft über die Habsburgermonarchie machen es wohl aus, dass Kaiser Franz Joseph I. neben der britischen Königin Victoria zu den am meisten abgebildeten Menschen seiner Zeit wurde. Er war ein Mythos, einer, wie es postum hieß, dem nichts erspart blieb, ehe das Reich zwei Jahre nach seinem Tod (am 21. November 1916 auf Schloss Schönbrunn) mit dem Ende des Ersten Weltkriegs zerfiel.

Hundert Jahre nach dem Ableben des vorletzten Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn wird seiner in Wien in mehreren Ausstellungen gedacht. Den Auftakt macht die Österreichische Nationalbibliothek, die sein Image anhand ausgesuchten Materials erschließt – Briefe, Bücher, Zeitschriften, Grafiken, vor allem Bilder und Fotografien. An die 300 Objekte sind in „Der ewige Kaiser“ zu sehen. Kurator Hans Petschar konnte aus dem Vollen schöpfen. Die ÖNB besitzt mehr als 10.000 Dokumente zum Thema.

Der Rundgang im Prunksaal beginnt mit einer zehn Meter langen chronologischen Tafel zum Leben des 1830 geborenen Franz Joseph, der von 1848 bis 1916 herrschte. Im Mittelpunkt stehen seine Porträts, aus jedem Jahr eines, umrahmt von großen Ereignissen – Revolutionen, Kriege, Feste, Unglücksfälle und ganz Privates. Wer hat schon diesen Kaiser in Zivil in Cannes gesehen, beinahe inkognito? Bei der Präsentation am Donnerstag wurden einige Bilder auf einem Screen in rascher Folge abgespielt: Man sieht Franz Joseph reifen, vom jungen Mann mit dünnem Schnurrbart zum alten Herrn mit typischem Backenbart. Auch die Sorgenfalten wachsen, während sich das Haupthaar lichtet.

Die meisten Darstellungen dienten der Imagekampagne für diesen frühen Medienstar, wie Generaldirektorin Johanna Rachinger anmerkte. Er war omnipräsent in seinem Reich. Die Ausstellung ist in angenehmem Sinne diversifiziert, vom Intimen bis zum Staatstragenden. So sieht man in der ersten Vitrine Prüfungsstoff und Schulhefte des künftigen Kaisers, die er mit Zeichnungen versah. Er besaß offenbar beachtliches Talent, wie einige frühe Werke beweisen, er wusste um die Wirkung von Bildern. Aber auch Verborgenes wird ans Licht geholt. So sind ganz private Briefe Franz Josephs an seine Geliebte Katharina Schratt ausgestellt. Die vernichtet geglaubten, im Vorjahr im Safe der Schoellerbank entdeckten Abschiedsbriefe der Mary Vetsera an ihre Mutter, die Schwester und den Bruder werden ebenfalls präsentiert. Diese Dokumente der Tragödie von Mayerling 1889, des mutmaßlichen Mordes und Selbstmordes Kronprinz Rudolfs und seiner Geliebten, sind eine Dauerleihgabe an die Nationalbibliothek.

Elisabeth verbat sich das Fotografieren

Interessant ist die über weite Strecken völlige Abwesenheit der Gattin des Kaisers. Elisabeth ist angeblich nur auf einem Foto gemeinsam mit ihrem Mann zu sehen, ab 35 war sie vollends kamerascheu. Sie zählt zur Kategorie Tragödie, ihrer Ermordung am Genfer See 1898 wird etwas Raum gegeben, so wie jener von Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Gattin in Sarajewo 1914. Und das kleine Trauerspiel am Rand: Die Feder, mit der Kaiser Ferdinand 1848 seine Abdankung unterzeichnete, samt Beglaubigungsschreiben in Kassette. Eine Abbildung zeigt, wie der junge Franz Joseph vor dem Vorgänger kniet.

Der Kaiser auf der Jagd, auf Reisen nach Bosnien, Frankreich und Ägypten, Franz Joseph I. im Kreis von Diplomaten und Parlamentariern – beeindruckend viele Aspekte dieses langen öffentlichen Lebens werden abgedeckt. Anlass für Huldigungen in opulenten Folianten, für Jubiläen mit ausufernden Festivitäten gab es reichlich. Die letzte Vitrine zeigt eine Fotomontage von 1908 in „Österreichs Illustrierter Zeitung“. Da war der ewige Kaiser bereits 60 Jahre im Amt, acht weitere Jahre standen ihm noch bevor: Er wird im Kreis von hunderten Stützen des Reichs gezeigt. Franz Joseph steht ganz vorn aufrecht in der Mitte. Keiner scheint an ihn heranreichen zu können.

Bis 27. November 2016 im Prunksaal der ÖNB, Josefsplatz. 1, Di bis So 10–18, Do 10–21 Uhr. Eintritt 7 €. Katalog: „Der ewige Kaiser. Franz Joseph I. 1830–1916“, Hrsg. Hans Petschar, (Amalthea), 256 Seiten, 29,90 €.

"Presse"-Magazin

„Die Presse“-„GESCHICHTE“, Bd. 3

„Kaiser Franz Joseph 1830-1916“

Aus dem Inhalt: Kindheit im Biedermeier – Der junge Kaiser und 1848 – Seine Niederlagen und Blamagen – Kakanien, die Doppelmonarchie – Porträts seiner Familie und des Hofes – Der Vielvölkerstaat - Kronprinz Rudolf – Der Alltag, am Schreibtisch und auf der Jagd – Frauengeschichten und Ehe – Porträt Elisabeth – Warum unterschreibt ein 84-Jähriger eine Kriegserklärung? – Interview mit Historikerpaar Vocelka und Nachkommen Eduard Habsburg – Mythen und Klischees

120 Seiten inkl. Bilder, Grafiken, Karten. Bestellmöglichkeit: DiePresse.com/geschichte. Preis: 8,90 €, für Abonnenten 6,90 € (Versand gratis).

Ab 16. 3. 2016 im Zeitschriftenhandel erhältlich.

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