Ein Machtpoker, in dem jeder siegen kann

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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House of Cards: Schon vor der Hofburgwahl kokettiert manch Kandidat mit seiner Macht. Doch was passiert, wenn Hofburg, Parlament, Regierung und Volk aufeinandertreffen?

Wien. Wir schreiben das Jahr 2016 n. Chr., kurz vor den Iden des März. In Österreich denken Präsidentschaftskandidaten nach, wie sie nach ihrer Wahl politische Gegenspieler entmachten können. Norbert Hofer will die Regierung entlassen, wenn sie nicht in seinem Sinne spurt. Alexander Van der Bellen erwägt, den Nationalrat aufzulösen, falls die FPÖ dort einmal die absolute Mehrheit hält.

Und doch sind zu große Machtfantasien fehl am Platz. Denn die österreichische Verfassung sieht ein ausgewogenes Spiel der Kräfte vor. Aber: Jeder kann dem anderen etwas zu Fleiß tun.

Der Bundespräsident. Es stimmt, dass der Mann (oder künftig vielleicht auch die Frau) in der Hofburg den Nationalrat auflösen kann. Aber nur einmal aus dem gleichen Anlass. Und nur auf Antrag der Bundesregierung. Daher hat die Hofburg in dem Punkt weniger Macht, als manch Kandidat vielleicht glaubt.

Mehr zu sagen hat der Präsident, wenn es um die Regierung geht. So kann er jeden beliebigen Österreicher ab 18 Jahren zum Kanzler machen. Und der Präsident kann den Kanzler oder die gesamte Regierung wieder entlassen, wenn er will. Einzelne Minister ernennt und entlässt der Präsident aber nur auf Vorschlag des Kanzlers.

Wenn der Bundespräsident gefinkelt sein will, könnte er einen ihm genehmen Kanzler ernennen, dessen Regierung dann der Hofburg vorschlägt, dass der Präsident den Nationalrat auflöst. Die Sache hat nur einen Haken: Lang wird eine bloß von der Hofburg gewünschte Regierung nicht im Amt weilen (siehe Punkt Parlament).

Das Parlament. Der Nationalrat kann vom Bundespräsidenten ernannte Regierungsmitglieder absägen. Ihre Misstrauensanträge können die Abgeordneten sowohl gegen einzelne Minister als auch gegen die gesamte Regierung richten. Doch selbst einen Kanzler oder Minister zu erwählen, ist Abgeordneten nicht gestattet. Hier kommt wieder die Macht der Hofburg ins Spiel.

Will man aber den Bundespräsidenten loswerden (etwa, weil dieser beständig ungewünschte Regierungen installiert), kann das Parlament eine Volksabstimmung zur Absetzung des Staatsoberhaupts initiieren. Per Zweidrittelbeschluss im Nationalrat wird dazu die Bundesversammlung (Mandatare des Nationalrats und Bundesrats) einberufen. Sie beschließt die Abstimmung, deren Ausgang nun in den Händen des Volks liegt.

Das Volk. Das Recht – so heißt es in der Verfassung „geht vom Volk aus“. Tatsächlich liegt es an den Staatsbürgern, Nationalrat und Bundespräsidenten zu wählen. Die Macht des Volkes hat aber ihre Grenzen.

Eine bestimmte Regierung oder einen Kanzler kann man nicht wählen. Auch einen Bundespräsidenten, der das Volk enttäuscht, werden die Bürger vor der nächsten Wahl nicht von selbst los. Außer, das Parlament initiiert eben die Abstimmung zur Absetzung des Staatsoberhaupts. In dem Fall würde das Volk als Streitschlichter zwischen Parlament und Hofburg fungieren. Und auf jeden Fall jemanden in die Wüste schicken. Denn käme bei der Abstimmung heraus, dass der Präsident im Amt bleibt, wäre gleichzeitig der Nationalrat aufgelöst. Und es gäbe Neuwahlen.

Die Bundesregierung. Auf dem Papier hat die Regierung die schwächste Stellung. Der Kanzler und seine Minister müssen fürchten, sowohl vom Nationalrat als auch vom Bundespräsidenten abgesetzt zu werden.

Realpolitisch sieht es schon anders aus. Die Mehrheit im Nationalrat gehorcht der Regierung. Die Hofburg lässt Kanzler und Parlament in Ruhe gewähren. Zumindest momentan noch.

Auf einen Blick

Die Verfassung sieht ein Zusammenspiel der Kräfte vor. Bundespräsident, Parlament und Regierung beschränken sich gegenseitig in ihren Machtbefugnissen, können sich aber in bestimmten Szenarien gegenseitig absetzen. In besonderen Streitfällen zwischen den Institutionen obliegt es dem Volk, als Souverän und Schlichter einzugreifen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2016)

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