Bauernhof-Bürokratie mit dem Handy bewältigen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Datenverarbeitung.Gesetzliche Pflichten und die Notwendigkeit, betriebliche Entscheidungen zu optimieren, zwingen Landwirte zur ständigen Dokumentation. Eine neue GPS-basierte App kann viel Schreibtischarbeit abnehmen.

Allein auf weiter Flur, ohne Chef und Stechuhr, im Traktor seine Kreise ziehen – das kann der Landwirt noch immer. Doch unbeobachtet ist er längst nicht mehr. Jederzeit kann der Kontrolleur erscheinen und Rechenschaft über die ordnungsgemäße Beackerung des Feldes verlangen. Wer als landwirtschaftlicher Betriebsleiter nicht den Verlust wirtschaftlich unerlässlicher Prämiengelder riskieren will, muss wichtige Maßnahmen auf dem Feld lückenlos dokumentieren.

Was die bürokratischen Zwänge für Bauernfamilien bedeuten, haben die Gründer des Start-up-Unternehmens Farmdok von klein auf mitbekommen. Alle vier sind auf Bauernhöfen groß geworden. „Bislang werden diese Aufzeichnungen meist im Nachhinein am Abend im Büro gemacht – wenn der Landwirt eigentlich schon bei seiner Familie sein will“, erklärt Geschäftsführer Andreas Prankl.

Die Dokumentationspflicht garantiert u. a. die hohe Qualität heimischer Lebensmittel und ist so komplex wie die Landwirtschaft selbst: Der Landwirt muss aufzeichnen, wann er für welche Kultur wie viele Liter welches Pflanzenschutzmittels ausbringt. Auch die Menge an Gülle, Mist oder stickstoffhaltigem Mineraldünger zur Ernährung der Feldfrüchte muss aufgeschrieben werden.

Dabei variieren die Bestimmungen je nach Kultur und sind strenger, wenn die Felder zu Gewässern hin abfallen und deshalb auswaschungsgefährdet sind. Nicht einmal den als relativ unverdächtig geltenden Pflug kann der Bauer rein nach Gutdünken anspannen.

Felder automatisch erkennen

„Es ist relativ kompliziert, die verschiedenen Regelungen ständig im Auge zu behalten und zu berücksichtigen“, so Prankl. Die von ihm und seinem Team – mit Unterstützung der Austria Wirtschaftsservice (AWS) – entwickelte Software soll als Handy-App die Dokumentation des Feldgeschehens automatisiert im Hintergrund ermöglichen, parallel zur Arbeit. Grundlage ist eine bislang einzigartige Technologie, die anhand des vom Handy aufgezeichneten GPS-Tracks ein Fahrmuster erkennt und eindeutig einem bestimmten Feld zuordnet.

Der Landwirt muss lediglich einmal zu Beginn die Art der Tätigkeit, etwa „Mineraldüngerausbringung“, auswählen, die Menge des ausgebrachten Düngers eingeben und losfahren. Sobald ein Feld als befahren erkannt wird, erfolgt die automatische Buchung der Tätigkeit. Sämtliche Daten landen auf einem Server, wo sie vom Bürocomputer aus verwaltet, ausgewertet und exportiert werden können.

Am Ende erleichtert die Dokumentation aber nicht nur die Offenlegung aller eingehaltenen Bestimmungen gegenüber den Kontrollbehörden. Wer immer wieder neue Sorten sät, unterschiedliche Fruchtfolgen wählt und sich jedes Jahr an anderes Wetter anpassen muss, der schreibt auch für sich selbst auf. Es gilt, aus eigenen Erfahrungen zu lernen. „Landwirte wollen dokumentieren, was sie über die Jahre am Betrieb gemacht haben, damit sie gute Entscheidungen treffen können. Nur soll der Aufwand dafür nicht hoch sein“, so Prankl, der das System fortlaufend weiterentwickeln will.

In nicht allzu ferner Zukunft soll der Algorithmus aus dem GPS-Fahrmuster sogar herauslesen, ob gerade gepflügt, gesät oder gedüngt wird. Dabei bleibt die Anwesenheit des Bauers aber vorerst erforderlich.

LEXIKON

GPS-basierte Technologien sind in der Landwirtschaft auf dem Vormarsch, v. a. in Betrieben, die 150 Hektar Land oder mehr bewirtschaften. Sie können helfen, Pflanzenschutz- und Düngemittel einzusparen. Etwa indem sie die Lenkung des Traktors übernehmen und die Überlappung von Arbeitsbreiten auf wenige Zentimeter reduzieren. Außerdem ermöglicht GPS eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung. Dabei werden die Einstellungen von Maschinen nicht mehr für das ganze Feld justiert, sondern quadratmeterweise.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2016)

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