Doskozil: "Man muss Bulgarien europäisch dankbar sein"

Doskozil und Mikl-Leitner an der Grenze zur Türkei.
Doskozil und Mikl-Leitner an der Grenze zur Türkei.APA/BUNDESHEER/PUSCH
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Bei einem Besuch in Bulgarien sicherten Mikl-Leitner und Doskozil dem Land volle Unterstützung in der Flüchtlingskrise zu. Ausweichrouten sollen verhindert werden.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil haben im Rahmen eines eintägigen Besuchs in Bulgarien auch die Grenzsicherungsanlagen zur Türkei besichtigt. Die Botschaft: "Man muss Bulgarien europäisch dankbar sein", meinte Doskozil. Mikl-Leitner pochte auf eine europäische Außengrenzensicherung.

Bulgarien ist gerade dabei, seinen Zaun an der 220-Kilometer-Grenze zur Türkei auf 160 Kilometer zu verlängern. Bis jetzt stehen 92 Kilometer der teilweise doppelreihigen, 3,5 Meter hohen Zäune mit Rollstacheldraht dazwischen. Der Zaun wird auch mittels eines Videosystems überwacht. Die mitgereisten österreichischen Journalisten durften bis auf einen Kameramann und einen Bundesheerfotografen nicht beim Lokalaugenschein dabei sein.

Es bestehe ein "gemeinsames Interesse", die Außengrenze zu schützen, betonte Mikl-Leitner nach dem Besuch. Die Grenzsicherung sei professionell aufgezogen. Hätten die Bulgaren den Zaun nicht rechtzeitig gebaut, wären die Flüchtlingsrouten eventuell anders verlaufen, glaubt die Ministerin.

Ausweichrouten vorbeugen

Grund für den eintägigen Blitzbesuch der österreichischen Minister in Bulgarien sind die jüngsten Entwicklungen bei den Fluchtrouten. Nach der Einführung der Tageskontingente in Österreich setzten auch andere Länder entlang der Balkanroute Maßnahmen: Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien lassen nur noch Menschen mit gültigen Pässen und Visa passieren, weshalb die sogenannte Balkanroute von Griechenland in Richtung Westeuropa für Flüchtlinge seit Mittwoch faktisch geschlossen ist und nun Tausende festsitzen.

Das dürfte Ausweichrouten zur Folge haben, wovon wiederum Bulgarien betroffen sein könnte. Bisher war die bulgarisch-türkische Grenze keine Hauptroute der Flüchtlinge. 2015 stellten etwas mehr als 20.000 Menschen einen Asylantrag im ärmsten EU-Land. Zum Vergleich: In Österreich waren es rund 90.000. Angesichts der aktuellen Entwicklungen rechnet man in Sofia aber mit vermehrten illegalen Grenzübertritten.

"Man muss jetzt handeln", unterstrich Doskozil, man dürfe nicht warten, bis sich die Routen verlagert haben. Ziel sei es, dass die "unkontrollierte Durchreise durch Europa Geschichte wird", erklärte Mikl-Leitner. Das "klare Signal" sei: "Es gibt keinen Durchzug mehr." Man müsse Ausweichrouten "vorbeugen".

Sofia soll gleiche Rechte wie Athen bekommen

Zuvor sicherten die beiden Minister dem bulgarischen Regierungschef Boiko Borissow in Sofia "volle Unterstützung" in der Flüchtlingskrise zu. Borissow hat in einem Schreiben an EU-Ratspräsident Donald Tusk mit der Blockade des EU-Türkei-Deals gedroht, der kommende Woche bei einem Gipfel zustande kommen soll. Kernpunkt des bereits im Grundsatz vereinbarten Plans ist die türkische Zusage, alle Migranten zurückzunehmen, die keinen internationalen Schutz benötigen und von der Türkei aus in Griechenland einreisen. Der bulgarische Premier fordert, dass die Länder an den EU-Außengrenzen gleich behandelt werden und auch der Schutz seiner Grenzen in das Abkommen einbezogen wird.

Österreich unterstützt diesen Wunsch: "Das, was für Griechenland gilt, muss auch für Bulgarien gelten", betonte Doskozil vor Journalisten. Dem pflichtete auch Mikl-Leitner bei. Die österreichische Innenministerin wird am Montag auch ein Schreiben mit allen Bedenken und Bedingungen bezüglich des Deals mit der Türkei an die EU-Kommission schicken. Da geht es etwa um Menschenrechte und Pressefreiheit - so hatte sie es etwa als "äußerst fragwürdig" bezeichnet, dass Ankara eine regierungskritische Zeitung unter Zwangsverwaltung stelle und nun mit Visafreiheit belohnt werde.

Auch Bulgarien zweifelt an der Wirksamkeit der türkischen Maßnahmen. Bis zu 400.000 Migranten sollen sich derzeit im Raum Istanbul/Edirne aufhalten. Zurzeit sind gut 2.000 bulgarische Grenzpolizisten an der türkischen Grenze, von den Streitkräften sollen bis zu 1.000 bewaffnete Soldaten an den Grenzen zur Türkei und im Süden zu Griechenland eingesetzt werden. Als kritische Zone galt zuletzt vor allem der Teil der bulgarisch-griechischen Grenze im Südwesten des Landes nahe Mazedonien. Die bulgarische Regierung denkt auch daran, seine Grenze zu Griechenland mit einem Zaun gegen Flüchtlinge abzuriegeln.

(APA)

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