Kärnten will es auf die harte Tour? Keine gute Idee!

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Als Schuldner das Gespräch mit den Gläubigern einfach zu verweigern war der erste Fehler Kärntens. Nun jahrelang Prozess zu führen wäre der zweite.

Ehrliche Enttäuschung. Dieses Gefühl konnte man seit Ende der Vorwoche im Finanzministerium verspüren. Nicht nur beim Ressortchef selbst, sondern vor allem bei seinen engsten Mitarbeitern. Denn seit einigen Tagen ist klar, was am Montag offiziell verkündet wurde: Das Angebot an die Gläubiger der Hypo-Bad-Bank Heta, die von Kärnten zu 100 Prozent garantierten Anleihen um 75 Prozent zurückzukaufen, ist gescheitert. Er nehme es mit „großem Bedauern“ zur Kenntnis, so Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er habe sich jedoch keinen Vorwurf zu machen, da er alles Machbare versucht habe.

Die Enttäuschung und der Ärger von Schelling sind verständlich. Denn der Finanzminister hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten wirklich weit bewegt. Und dabei auch von seinen eigenen Vorgaben entfernt. Kein Steuergeld mehr für die Hypo, sagte Schelling im März des Vorjahres. Bis vergangenen Freitag war er jedoch bereit gewesen, neuerlich mehr als 600Millionen aus der Bundeskasse zu nehmen, um das Kärntner Angebot an die Gläubiger aufzufetten. Obwohl es rechtlich keine Verpflichtung des Bundes gibt. Eine aktive Beweglichkeit, die nach Jahren des Verharrens in der Angststarre positiv und notwendig war – aber auch zu wenig.

Dass die Gläubiger trotzdem den Schnitt von 25 Prozent (knapp drei Milliarden Euro) nicht akzeptieren, sorgt nun bei Schelling und vielen anderen Österreichern für Unverständnis. Kein Wunder, haben die Steuerzahler, die am allerwenigsten für das Debakel können, schon weit mehr als diese drei Milliarden für die Hypo/Heta bezahlt. Dennoch ist auch die Haltung der Gläubiger nachvollziehbar.

Sie haben schließlich einst Papiere gekauft, deren vollständige Rückzahlung von Kärnten garantiert wurde. Und auch wenn man das am Wörthersee heute als ärgerlich empfindet: Die Landesregierungen, die diese Haftungen eingegangen sind, wurden in demokratischen Wahlen bestimmt. Und bei den dafür notwendigen Landtagsbeschlüssen waren auch Mitglieder der heutigen Landesregierung dabei.

Grund für die Ablehnung des Angebots war aber nicht nur die zu geringe Höhe. Es ging auch um den Stil. Normalerweise laufen Schuldenregulierungsverfahren nämlich so ab, dass sich Schuldner und Gläubiger zusammensetzen und offen über mögliche Auswege aus der verfahrenen Situation verhandeln. Dem Vernehmen nach wäre auf diese Weise eine Lösung bei rund 90 Prozent möglich gewesen.


Kärnten versuchte hingegen, seine Schulden nach der Friss-oder-stirb-Methode loszuwerden. Den Gläubigern wurde das Angebot mit einem schlichten „Mehr gibt's nicht!“ hingeworfen. Untermauert wurde das mit teilweise hanebüchenen Argumenten. So könne der Kärntner Landesenergieversorger Kelag nicht verkauft werden, weil er laut Gesetz mehrheitlich in öffentlicher Hand sein müsse. Dass der teilstaatliche Verbund offen erklärt, die Kelag kaufen zu wollen, ficht Klagenfurt dabei nicht an.

Ähnlich die Situation beim Verkauf von Forderungen aus Wohnbaudarlehen. Das sei trotz der größten wirtschaftlichen Krise des Landes nicht möglich. Dass vor sechs Jahren genau das gemacht wurde, um Löcher im Landesbudget zu stopfen, war für die Gläubiger nicht schwer zu recherchieren. Und dass die Rückzahlung des Bundeskredits auf nur zehn Jahre anberaumt wurde, zeugt auch nicht gerade von einem Bis-an-die-Grenzen-Gehen. Jeder Häuslbauer rechnet mit Kreditlaufzeiten von 25 Jahren.

Die Versuchung, jetzt auf hart zu spielen und jahrelange Gerichtsverfahren auszufechten, mag in Klagenfurt groß sein. Die Abrechnung erfolgt dann erst zu einer Zeit, in der die derzeitigen Akteure nicht mehr im Amt sind. Und die Stimmung in der Bevölkerung ist ja auch eher kritisch, wenn ausländische Banken heimisches Steuergeld erhalten sollen. Dennoch wird die harte Tour angesichts der rechtlichen Voraussetzungen am Ende wohl noch viel teurer werden. Denn nicht nur die direkten Kosten würden steigen. Sie wird auch höhere Refinanzierungskosten für andere Bundesländer und eine lähmende Unsicherheit für Kärnten bringen. Um das zu verhindern, sollten nun endlich echte und offene Verhandlungen geführt werden.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2016)

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