In drei Monaten werden die Tage schon wieder kürzer

(c) Clemens Fabry
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Es sind unruhige Zeiten, so wie immer. Versuchen Sie doch einmal, das Gegenteil zu behaupten.

In unruhigen Zeiten wie diesen ist oft die Rede davon, dass wir in unruhigen Zeiten leben. Das war auch schon in den unruhigen Zeiten so, die wir heute in der Erinnerung als ruhig betrachten. Im Kalten Krieg gab es aber auch noch keine Klimaerwärmung. Da wäre es nur kurzfristig sehr heiß geworden und danach wieder sehr kalt, wenn wir uns an den atomaren Winter erinnern, der damals in diesen ruhigen Zeiten dafür gesorgt hat, dass man ein bisschen unruhig wird. Unruhig sollte man auch werden, weil es jetzt langsam wieder bergab geht. In nur drei Monaten werden die Tage schon wieder kürzer. Die Vorrunde der Fußball-EM wird noch nicht zu Ende sein, wenn die Sonne sich wieder in Richtung Südhalbkugel bewegt und die Phase der Dunkelheit einleitet. Immerhin wird Österreich dann schon ein neues Staatsoberhaupt haben, das dem Volk in diesen unruhigen Zeiten Mut zusprechen wird. Und das nahtlos überleitet von der Eishockey-Weltmeisterschaft, die im Mai (ja, wirklich!) stattfindet, zum Start der Wintersaison, in der im Supermarkt wieder Lebkuchen zu haben ist, also etwa Anfang Juli. Sich über Lebkuchen im Sommer zu beschweren ist allerdings total 2005.

Überlegen wir uns also lieber, wann zuletzt jemand gesagt hat, dass es ruhige Zeiten sind, in denen wir leben. Damals, in den unruhigen Zeiten vielleicht, die uns im Nachhinein so schön ruhig vorkommen? Das wäre ja, als würde ein Fußballtrainer vor dem Spiel gegen einen Jausengegner nicht „Es wird ein schwieriges Spiel“ sagen. In der Schule gab es übrigens immer welche, die vor der Schularbeit gejammert haben, dass sie Angst haben, weil sie „überhaupt nichts gelernt“ haben, um nicht als Streber dazustehen. Das waren dann die, die die Einser bekommen haben. Und noch etwas: „In Zeiten wie diesen“ kann man immer sagen. Das „unruhig“ schwingt dann schon ganz von allein mit.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2016)

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