Tennis: Die ewige Debatte um Geld und Gleichstellung

Novak Djoković.
Novak Djoković.(c) APA/AFP/ROBYN BECK
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Novak Djoković und Indian Wells-Turnierdirektor Raymond Moore, 69, sorgen für Aufregung.

Indian Wells/Wien. So manch betagtem Tennisfan ist Raymond Moore wohl ein Begriff. Der Südafrikaner, 69, gewann 1974 den Daviscup, im gleichen Jahr holte er den Doppel-Titel beim Wiener Stadthallenturnier. Gegenwärtig fungiert Moore als Turnierdirektor des 1000er-Events von Indian Wells. Als solcher bat er Sonntagvormittag in der kalifornischen Wüste zum obligatorischen Pressegespräch, Moore plauderte über die Entwicklung des Turniers, infrastrukturelle Verbesserungen auf der Anlage und er zog zufrieden Bilanz.

Alles nahm seinen gewohnten Lauf, als der Funktionär aus Johannesburg auf die WTA, die Vereinigung der Profi-Spielerinnen, angesprochen wurde. „Im nächsten Leben möchte ich jemand aus der WTA sein, weil sie sich nur im Schlepptau der Männer befinden. Sie treffen keine Entscheidungen und sind sehr glücklich“, polterte Moore, um letztlich zum Rundumschlag gegen das weibliche Geschlecht auszuholen. „Wenn ich eine Spielerin wäre, würde ich jeden Abend auf die Knie gehen und Gott dafür danken, dass Roger Federer und Rafael Nadal geboren wurden, weil sie den Sport getragen haben.“

Bei den anwesenden Journalisten herrschte sogleich Verwunderung, über die sozialen Netzwerke verbreiteten sich die Aussagen rasant und lösten eine Welle der Empörung aus. Moores Bemerkungen erscheinen in noch schlechterem Licht, weil in Indian Wells neben dem Herren- auch ein Damenturnier stattfindet. Serena Williams, die im Finale der Weißrussin Viktoria Asarenka 4:6, 4:6 unterlegen war, zeigte sich von den kurz zuvor getätigten, „sehr, sehr, sehr fehlerhaften“ Aussagen Moores schockiert. „Wir Frauen sind einen langen Weg gegangen und sollten niemals vor irgendjemandem auf die Knie fallen“, sagte Williams und fügte hinzu: „Wenn ich Ihnen sagen sollte, wie oft ich täglich von Leuten angesprochen werde, die mir erzählen, dass sie nur Tennis schauen, wenn meine Schwester Venus oder ich spielen – ich könnte Ihnen nicht einmal die genaue Zahl nennen.“

Der Angriff des Novak Djoković

Billie Jean King, Mitbegründerin der WTA-Tour und eine Pionierin im Kampf um Gleichberechtigung, reagiert auf Twitter ebenfalls enttäuscht: „Er (Moore, Anm.) liegt auf so vielen Ebenen falsch. Jeder Spieler, vor allem die Topleute, tragen zu unserem Erfolg bei.“ Moore, sich der Tragweite seiner verbalen Entgleisung langsam bewusst werdend, entschuldigte sich später bei den Spielerinnen und der WTA für seine „irrtümlichen und extrem geschmacklosen“ Kommentare.

Novak Djoković ermahnte Moore in einer ersten Reaktion zur Fairness, dessen Worte seien „politisch nicht korrekt“ gewesen. Doch Djoković, der bei seinem 6:2, 6:0-Finalerfolg über Milos Raonic abermals seine Vormachtstellung untermauerte, sollte an diesem Tag selbst noch in die Schusslinie geraten.

Nachdem sich der Serbe zunächst nicht in die aktuelle Debatte einmischen wollte („Ich habe wahnsinnigen Respekt vor den Spielerinnen“), vertrat er schließlich doch noch öffentlich seinen Standpunkt. Er wisse, dass die WTA in den vergangenen Jahren vor allem um die Anpassung der Preisgelder für Männer und Frauen gekämpft habe. „Davor ziehe ich meinen Hut, das tue ich wirklich“, sagte der Weltranglistenerste. „Andererseits sollte unsere Vereinigung, die ATP, dafür kämpfen, dass wir mehr bekommen, weil die Statistiken zeigen, dass wir viel mehr Zuschauer haben. Die Frauen sollen für das kämpfen, was sie für angemessen halten und wir sollten für das kämpfen, was wir für angemessen halten.“ In Indian Wells hatten Djoković und Asarenka für ihre Turniersiege jeweils 1,028 Millionen Dollar erhalten.

Meinungskollision

Diskussionen um finanzielle Gleichberechtigung im Tennis sind keineswegs neu. In regelmäßigen Abständen wird das Thema aufgegriffen, es ist ein regelrechter Kampf der Geschlechter. So bemerkte der Franzose Gilles Simon vor drei Jahren, dass Herrentennis schlichtweg „attraktiver“ als Damentennis sei. „Wir bieten die bessere Show und müssten mehr Preisgeld verdienen.“ Der Serbe Janko Tipsarević hält es für „lächerlich, dass die Frauen bei den Grand-Slam-Turnieren gleich viel verdienen. Und wenn schon, sollen sie auch über drei Gewinnsätze spielen.“

Die Deutsche Andrea Pektkovic reagierte ihrerseits mit Unverständnis, sie sagte: „Wir trainieren genauso hart und genauso viele Stunden wie die Männer. Deshalb ist eine gleiche Bezahlung auch fair. Wenn Frauen die gleiche Arbeit und den gleichen Aufwand leisten, sollten sie auch genauso bezahlt werden wie die Männer.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2016)

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