Das FBI beendet sein Schattenboxen mit Apple

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Das FBI braucht Apple plötzlich doch nicht mehr, um das iPhone eines Terroristen zu knacken. Experten sagen das längst. Das Scheingefecht der beiden Kontrahenten hat offenbar gewirkt und darf nun also beendet werden.

Washington. Der große Showdown zwischen Apple und dem FBI ist abgesagt. Seit Wochen streiten sich die beiden Kontrahenten medienwirksam darüber, ob Apple der US-Behörde Zugriff auf das iPhone 5C eines Attentäters von San Bernardino verschaffen muss oder nicht. Apple weigert sich, ein Gericht sollte Klarheit schaffen. Doch das dürfte nicht mehr notwendig sein. Das FBI ließ eine für Dienstag angesetzte Anhörung in dem Fall kurzfristig absagen. Der Grund: Washington braucht nun doch keine Hilfe von Apple, um das Smartphone zu knacken. Eine „dritte Partei“ habe der US-Behörde am Wochenende einen Weg ins Telefon des Terroristen gezeigt, ließ das FBI wissen. Die vorgestellte Lösung müsse zwar noch getestet werden, man sei aber „vorsichtig optimistisch“.

Gegen Terror und Steuerflucht

Es scheint, als würde sich der zum Kampf „Gut gegen Böse“ hochstilisierte Streit stillschweigend in Luft auflösen. Das nährt die Spekulationen, dass sich die beiden Kontrahenten in den letzten Wochen vor allem ein werbewirksames Scheingefecht geliefert haben.

Denn in der IT-Szene hat kaum jemand so recht daran geglaubt, dass der US-Konzern zum obersten Datenschützer und harten Kritiker der USA mutiert (und zeitgleich große Deals mit dem US-Militär abschließen kann). Aber bei den Kunden kam es gut an. Die US-Regierung war nicht minder unglaubwürdig, als sie behauptet hat, die nationale Sicherheit hänge quasi am guten Willen Apples. Doch für den Kampf gegen den Terrorismus ist kein Marketing-Stunt zu gewagt. Selbst US-Präsident Barack Obama rückte aus, um gegen den „Fetisch Smartphone“ vom Leder zu ziehen.

Die Branche müsse das „Problem der Verschlüsselung“ lösen (ergo: dem Staat eine gemütliche Hintertür in die Software einbauen), um Terroristen, aber auch Steuerhinterzieher (!) zur Strecke zu bringen. Kritiker warnen, ein derartiger Generalschlüssel sei die eigentliche Gefahr, weil er von allen möglichen Hackern ausgenützt würde, wenn er einmal programmiert sei. Wenn die berüchtigte Hintertür aber tatsächlich so notwendig ist, wie das FBI behauptet, warum lässt es nun seine große Chance aus, sich diese quasi richterlich genehmigen zu lassen?

Die Tatsache, dass die Ermittlungsbehörden nun auch anders auf das iPhone zugreifen können, ist für Brancheninsider jedenfalls keine große Überraschung. Seit Wochen erklären Cyber-Security-Spezialisten, dass es der US-Regierung möglich sein müsse, die Daten ohne Apples Hilfe vom Gerät zu extrahieren. Informatiker der John-Hopkins-Universität hatten bereits am Wochenende demonstriert, wie die Verschlüsselung von Apple grundsätzlich zu knacken sei.

FBI hatte genug Angebote

Die selbst ernannte Cyber-Security-Legende John McAfee ging einen Schritt weiter: Er bot der US-Regierung an, das iPhone des Attentäters gratis zu hacken. Ob die Regierung sein Angebot damals annahm oder eine andere Person ihre Dienste an das FBI verkaufte, ist nicht bekannt.

In einem ist John McAfee aber bis heute sicher: Das FBI allein war es nicht. Denn dafür sei die Behörde (anders als die NSA) nicht gut genug ausgerüstet. „Warum arbeiten nicht die besten Hacker des Planeten für das FBI?“, fragte er. Seine Antwort: „Da das FBI niemanden mit einem 60 Zentimeter hohen Irokesen, Piercings und einem tätowierten Gesicht anheuert, der während der Arbeit Gras rauchen und zumindest eine halbe Million Dollar im Jahr verdienen will“. Genau diese Typen seien aber notwendig, wenn man solche Probleme lösen und sie nicht nur für Marketing und den Griff nach Bürgerdaten nützen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2016)

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