Am Donnerstag lief die Frist eines US-Gerichts aus, mit der US-Umweltschutzbehörde EPA einen Vergleich zu finden. Der Richter gewährte Verlängerung.
Wien. Sechs Monate: So viel Zeit gab der US-Bezirksrichter Charles Breyer dem deutschen Autokonzern VW und der US-Umweltschutzbehörde EPA am 24. September 2015, um einen Vergleich zu finden. Damals war der Skandal rund um manipulierte Abgaswerte gerade ein paar Tage alt. Erst sukzessive wurde bekannt, dass auch Autos in Europa betroffen sind. Und die mediale Aufmerksamkeit galt der Frage, wer dem damaligen Konzernchef Martin Winterkorn nachfolgen werde.
Heute, eben dieses halbe Jahr später, hat sich Matthias Müller bereits gut in seinen neuen Job als VW-Chef eingelebt. Mit den meisten europäischen Behörden – auch in Österreich – hat sich der Konzern inzwischen auch bereits darauf geeinigt, wie die Autos adaptiert werden sollen, damit sie wieder den Umweltanforderungen entsprechen. Die dafür notwendigen Rückrufe wurden bereits gestartet und sind derzeit im Laufen.
Strengere Vorschriften als Problem
Anders ist die Situation jedoch in den USA. Dort sind die Abgasvorschriften wesentlich strenger – vor allem im US-Bundesstaat Kalifornien. Eine von VW vorgeschlagene Lösung, bei der ein neuer Katalysator in die Fahrzeuge eingebaut hätte werden sollen, wurde von der EPA abgelehnt.
Vieles deutet darauf hin, dass der Wolfsburger Konzern wohl keine Möglichkeit finden wird, die Abgasvorschriften vollständig zu erfüllen. Allerdings scheint es möglich, dass die Umweltbehörde eine geringe Überschreitung akzeptiert, wenn VW für den erhöhten Stickstoffausstoß der Fahrzeuge Strafen bezahlt.
Bei diesen Verhandlungen sei man in den vergangenen Wochen zwar substanziell weitergekommen. Es gebe allerdings noch technische Probleme bei der Umsetzung, hieß es am Donnerstag. VW beantragte daher eine Verlängerung der Frist von dem Gericht in San Francisco – und wurde dabei auch erhört. Richter Breyer gab VW und der EPA bis 21. April Zeit, um zu einer Einigung zu kommen.
Diesmal dürfte die Frist jedoch wirklich endgültig sein. Denn schon im Vorfeld haben Anwälte von diversen Klägern gegen VW den Richter dazu aufgefordert, das Verfahren zu beschleunigen. Sie erhoffen sich, dass es schneller zu einem Prozess kommt, der auch für andere Klagen Signalwirkung hätte.
Denn geklagt wurde VW auch vom US-Staat. So erhob das Justizministerium im Auftrag der EPA eine Zivilklage, in der Strafen von über 45 Mrd. Dollar (40,3 Mrd. Euro) wegen Verstößen gegen Umweltgesetze gefordert werden. Ein Bußgeld in dieser Größenordnung gilt zwar als unwahrscheinlich, aber mit der geforderten Summe wird die Latte für einen Vergleich hoch gelegt.
Mindestens ebenso gravierend könnten die Auswirkungen für VW sein, wenn der Vergleich doch nicht zustande kommt. Dann könnte das US-Bezirksgericht nämlich anordnen, dass die 580.000 betroffenen Autos nicht mehr auf den Straßen fahren dürfen und von VW zurückgekauft werden müssen. Eine Situation, in der wohl sämtliche Pläne des Konzerns, künftig das US-Geschäft wieder zu stärken, endgültig zur Makulatur verkommen würden.
Ein anderes Problem: US-Behörden ärgern sich über VW, weil Ermittler und Klägeranwälte Dateien und Protokolle einsehen wollen, die laut VW dem Datenschutzgesetz unterliegen. Die US-Anwälte beteuerten bei einer vom Gericht veröffentlichten Anhörung im Februar, dass sie sich um die Freigabe des geforderten Materials bemühen. „In Deutschland und Europa werden die Datenschutzgesetze aber sehr, sehr ernst genommen“, so der Anwalt laut Protokoll. (jaz/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2016)