Pröll: "Kein Platz für Risikospekulation mit Steuergeld"

Josef Proell
Josef Proell(c) dpa (A3116 Tim Brakemeier)
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VP-Finanzminister Josef Pröll kündigt Schritte in Richtung einer konservativen Veranlagung von Geldern des Bundes, der Länder und Gemeinden an. Seinen Amtsvorgänger Wilhelm Molterer nimmt er in Schutz.

Risikoreiche Veranlagungen von Steuergeldern soll es künftig nicht mehr geben, kündigt VP-Finanzminister Josef Pröll im "Ö1 Mittagsjournal" an. Die Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA habe 2007 - so wie viele andere auch - Gelder in Produkte veranlagt, die von renommierten internationalen Ratingagenturen als sehr gut eingestuft wurden, sagt er. Erst jetzt wisse man, dass das Risikoprodukte waren.

Nun seien Schritte in Richtung einer konservativen Veranlagung gesetzt worden. "Ich werde künftig auch dafür Sorge tragen, dass Risikospekulationen mit Steuergeldern keinen Platz mehr haben im öffentlichen Bereich", so Pröll im Ö1-Mittagsjournal. Das gelte für Bund, Länder und Gemeinden.

Bei seinem Amtsvorgänger Wilhelm Molterer sieht Pröll keinerlei Verantwortung für die Spekulationen. Diese liege bei den Aufsichtsräten und Geschäftsführern der Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA. Personelle Konsequenzen wolle er aber keine ziehen: "Man kann ja hier nicht von kriminellen Machenschaften sprechen, sondern von einem Trend, der in der Finanzwelt um sich gegriffen hat."

"380 Millionen Euro Verlustpotential"

Am Mittwoch hatte der Rechnungshof bekanntgegeben, dass sich der Staat verspekuliert hat. Die ÖBFA hielt bei besonders risikoreichen Veranlagungen 1,8 Prozent der auf dem Weltmarkt vorhandenen Papiere. Laut Rechnungshof droht daraus ein Verlust von 616,9 Millionen Euro.

Dem widersprach am Donnerstag im "Ö1 Morgenjournal" Martha Oberndorfer, Geschäftsführerin der ÖBFA: "Heute ist das Verlustpotential ungefähr 380 Millionen Euro, dem steht aber ein realisierter Betrag von Kassenveranlagungen in Höhe von 685 Millionen Euro gegenüber".

Der kolportierte Verlust von über 600 Millionen würde nur stimmen, wenn man mit einem Totalausfall rechnen würde. "Das tut im Moment aber niemand, weil die aktuelle Bewertung in der Größenordnung von in etwa 380 Millionen Euro Verlustpotential liegt", betonte Oberndorfer.

"Es wurde nicht risikoreich investiert"

Oberndorfer weist zudem zurück, dass in risikoreiche Papiere investiert wurde. Zum Zeitpunkt der Investition habe die Bonitätseinstufung der Papiere das höchstmögliche Rating der weltrenommiertesten Ratingagenturen aufgewiesen.

"Die Mittel, die der Bund zwischenzeitlich hält, müssen veranlagt werden, um Zinserträge zu erzielen. Wenn die Mittel nicht veranlagt werden, hätte das einen Zinsverlust zulasten der Steuerzahler zufolge. Investiert wird im Einklang mit den Kreditrisikorichtlinien, die ausschließlich Veranlagungen in einer sehr hohen Bonitätsklasse zulassen", so Oberndorfer.

Kritik von der Oppositon

BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher wirft Finanzminister Pröll vor, bereits vor Monaten vom Rechnungshof über die "Schieflage" bei der ÖBFA informiert worden zu sein. Er fragt daher: "Warum hat der Finanzminister so spät reagiert?"

Der grüne Budgetsprecher Werner Kogler hat sich für eine "differenzierte Betrachtung" der Arbeit der ÖBFA ausgesprochen. Zu den Spekulationsverlusten mit hochriskanten Derivativen stellte Kogler fest, die Bundesfinanzierungsagentur habe "über weite Strecken brauchbare Arbeit geleistet, aber dann ist einiges aus dem Lot gekommen, das muss untersucht werden".

Kogler hatte sich im Dezember 2008 in einer parlamentarischen Anfrage auch nach der Veranlagungsstrategie der Bundesfinanzierungsagentur erkundigt. In der Beantwortung des Finanzministeriums heißt es: "Nach Angaben der Geschäftsführung der ÖBFA betreibt diese eine sehr konservative Veranlagungsstrategie, um die Risiken für den Bund möglichst gering zu halten. Dabei beachtet die ÖBFA insbesondere das entsprechende Rating jener Adressen, bei denen sie veranlagt und legt daher die Geschäftsführung der ÖBFA großen Wert auf die Feststellung, dass sie keine Spekulation betreibt."

(Red.)

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