Kein Witz: Türkei bestellte Botschafter wegen Satire ein

Humor ist, wenn man trotzdem lacht: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan
Humor ist, wenn man trotzdem lacht: der türkische Präsident Recep Tayyip ErdoganReuters
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In der deutschen Sendung "extra 3" wurde ein Lied mit dem Titel "Erdowie, Erdowo, Erdogan" gespielt. Diese "Herabsetzung des Präsidenten" sei nicht zu akzeptieren, heißt es aus Ankara.

Der deutsche Botschafter in der Türkei ist offenbar wegen einer Fernsehsatire des Norddeutschen Rundfunks ins Außenministerium in Ankara zitiert worden. Der Diplomat Martin Erdmann habe sich für eine knapp zweiminütige Satire aus der Sendung "extra 3" rechtfertigen müssen, die in der ARD am 17. März zu sehen gewesen sei. Dies berichtet "Spiegel Online". Die Einbestellung des Botschafters sei bereits vergangenen Dienstag erfolgt, wurde aber erst jetzt bekannt. Das Auswärtige Amt in Berlin war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen gewesen.

Ein Mitarbeiter des türkischen Außenamts sagte zum "Spiegel": "Der Beitrag setzt unseren Präsidenten herab. Das ist nicht zu akzeptieren". Offenbar ist man türkischerseits also der Ansicht, die deutsche Regierung hätte direkten Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der öffentlich-rechtlichen Sender.

Zuletzt war es zwischen der türkischen Regierung und Regierungen mehrerer EU-Staaten zu einer Kontroverse über die Anwesenheit von Diplomaten bei einem Prozess gegen regierungskritische Journalisten gekommen.

Bei dem nun beanstandenten Beitrag, der der türkischen Regierung offenbar so missfiel, habe sich um ein Lied mit dem Titel "Erdowie, Erdowo, Erdogan" über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdogan gehandelt.

"Er lebt auf großem Fuß, der Boss vom Bosporus"

Im Text des Liedes heißt es zum Beispiel: "Er lebt auf großem Fuß, der Boss vom Bosporus." Dazu werden Bilder von Erdogans neuem Palast gezeigt, der wegen seiner Größe und Kosten umstritten ist. Zu Bildern von der Abführung eines Journalisten und der Erstürmung einer Redaktion lautet der Text: "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast." Bilder eines Treffens zwischen dem türkischen Präsidenten und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, bei dem sich beide die Hände schütteln, sind unterlegt mit dem Text "Sei schön charmant, denn er hat Dich in der Hand".

>>> Bericht auf "Spiegel Online"

(AFP)

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