"Presse"-Diskussion: Die verspätete Gesamtschule

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Forscher Hopmann, Landesschulrat Enzenhofer, Grüner Landau und Ex-Bifie-Chef Haider diskutieren am Montag über die Modellregionen.

Das Institut für Bildungswissenschaft führt in Zusammenarbeit mit der Tageszeitung «Die Presse» vier Veranstaltungen zum Bildungsreformpaket der Bundesregierung durch. Die erste dieser Veranstaltungen wird sich am 4. April (15 Uhr, Sensengasse 3a, Hörsaal 1) mit den vorgeschlagenen Modellregionen für Gesamtschulversuche befassen. Es ist wissenschaftlich unstreitig, dass in einem wie gegenwärtig in Österreich gegliederten Schulsystem, unterschiedliche Schultypen unterschiedliche soziale Herkunft abbilden. Die Frage ist, ob es in einem Gesamtschulsystem mehr soziale Chancengleichheit geben würde, und was die Modellregionen für die Klärung dieser Frage leisten könnten.

Während früher Gesamtschulsysteme im Ruf standen, eindeutig für mehr Chancengleichheit sorgen zu können, lässt sich das dem gegenwärtigen Forschungsstand nicht mehr so uneingeschränkt behaupten. Im Gegenteil scheinen Gesamtschulsysteme weniger sichtbare, aber dafür nicht weniger wirksame Mechanismen der sozialen Trennung zu entwickeln. Insgesamt scheint der Beitrag der Schule zur sozialen Chancenverteilung weniger von den jeweiligen Oberflächenstrukturen abzuhängen als davon, wie die Schule pädagogisch auf die jeweils von Zuhause mitgebrachten Ungleichheiten reagiert.

Diejenigen, die die Modellregionen befürworten, wollen dementsprechend ihre Versuche mit zahlreichen pädagogischen Veränderungen zur Binnendifferenzierung und Individualisierung des Unterrichts ergänzen. Sie müssen sich dann aber fragen lassen, warum es für solche Maßnahmen einer Gesamtschullösung bedürfen sollte, oder ob es nicht sinnvoller wäre, diese unabhängig von der seit Jahrzehnten umstrittenen Schulstruktur auszuprobieren. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine historische oder vergleichende Forschung gibt, die eindeutig belegen könnte, dass durch solche Maßnahmen eine nachhaltige Veränderung der Bildungschancen erreicht werden könnte.

Über diese Fragen diskutieren bei der Veranstaltung der oberösterreichische Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer, der Gesamtschulexperte der Wiener Grünen Daniel Landau, der ehemalige Leiter des BIFIE Günther Haider sowie Stefan Hopmann von der Universität Wien.

Weitere Termine der Veranstaltungsreihe: Die vergessene Inklusion (2. Mai), Die vergebene Chance der Schulautonomie (23. Mai) und Die verplante Kindheit (13. Juni). Weitere Informationen auf der Webseite des Instituts für Bildungswissenschaft.

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