Als Wien Irans Armee aufbaute

IRAN MILITARY PARADE AHMADINEJAD
IRAN MILITARY PARADE AHMADINEJAD(c) EPA (ABEDIN TAHERKENAREH)
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Österreich ist für Teheran seit Langem ein strategischer Partner im Westen. Die Kontakte gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück.

Teheran/Wien. Österreich, sagen Diplomaten und Orientalisten, sei seit Jahrhunderten eines der wenigen Länder in Europa, wo Persien bzw. der Iran sich auf gleicher Augenhöhe wahrgenommen fühle. Es sei eine „Relaisstation“ zum Westen und zu größeren Mächten wie Russland und Großbritannien, die Persien meist als drittklassigen Staat, ja als Bittsteller oder Vasallen behandelt hätten.

Schah Ismail I. (1501–24) kontaktierte Habsburger und Ungarn als Alliierte gegen die Türken, hatte aber keinen Erfolg. Im 17. Jahrhundert bereisten österreichische Missionare Persien. 1667 entstand in Wien eine Orientalische Handelskompagnie mit Adern bis Persien. Über die 1754 gegründete Orientalische Akademie fanden Werke persischer Autoren nach Europa. Im 19. Jahrhundert wandte sich Persien, bedrängt von Russen und Briten, Österreich zu: Ab den 1830ern traten Offiziere, Techniker, Wissenschaftler in Dienste des Schahs und führten u. a. Post und Telegrafie ein, bauten Straßen, modernisierten die Medizin. Seit 1872 gibt es diplomatische Beziehungen. Schah Nasr-ed-Din (1848–96) war nach seiner Europa-Reise 1873 nur von Wien begeistert und ließ nach einer Visite 1878 von k. u. k. Offizieren ein modernes Heer von 7000 Mann aufstellen; die Militärkontakte währten, stark reduziert, bis 1911.

Die Erste Republik unterhielt mäßige Kontakte zum Iran, doch zogen Österreicher in das boomende Ölland. Nach 1945 wurden die Kontakte verstärkt, 1960 auf Botschafterebene. Es gab viel Besuchsdiplomatie, Schah Reza Pahlevi (1941–79) war oft in Österreich, der Handel wuchs. Nach der Revolution 1979 brach Wien als eine weniger westlicher Regierungen die Beziehungen zum Iran nicht ab, doch der Mord an drei Kurden in Wien durch iranische Agenten 1989 bescherte eine Krise.

1991 war Kurt Waldheim als erstes westliches Staatsoberhaupt in der Islamischen Republik, man führte politisch-religiöse „Dialogkonferenzen“ ein. 1999 fuhr Thomas Klestil als erster Präsident eines EU-Staats in den Iran, Präsident Mohammad Khatami (1997– 2005) war öfter in Wien. Nach Lösung des Streits um Irans Atomprogramm durch den Wiener Atomvertrag (Juli 2015) fuhr Heinz Fischer als erster Staatschef zu Präsident Hassan Rohani nach Teheran. (wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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