Laut Finanzministerium sind gesetzliche Einschränkungen denkbar. Experten waren jedoch von zu strengen Verboten. Die meisten Institute haben interne Regeln, die sind aber oft mangelhaft.
Wien. Nach den riskanten Wertpapiergeschäften der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), bei der laut Rechnungshof Verluste von bis zu 617 Mio. Euro drohen, spricht Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) ein Machtwort: Der Minister erklärte am Donnerstag, dass es künftig keine risikoreichen Veranlagungen von Steuergeldern mehr geben darf. „Ich werde dafür Sorge tragen, dass Risikospekulationen mit Steuergeldern keinen Platz mehr haben im öffentlichen Bereich“, sagte Pröll im ORF. Das gelte nicht nur für den Bund, sondern auch für Länder, Gemeinden und staatsnahe Firmen. Gesetzliche Regelungen sind denkbar.
Wie es im Finanzministerium heißt, sollen darüber nicht nur Gespräche mit der Opposition, sondern auch mit anderen Ressorts wie dem Infrastrukturministerium wegen ÖBB und Asfinag geführt werden. Die Sozialdemokraten und alle Oppositionsparteien signalisierten Zustimmung. Dennoch warnen Experten vor allzu strengen Verboten. „Das würde bedeuten, dass man das Geld nur noch auf ein Sparbuch legen kann und sich mit einem Zinssatz von aktuell einem Prozent zufriedengibt“, meint Stefan Zapotocky, Kapitalmarktexperte und ehemaliger Börsenchef, im „Presse“-Gespräch. „Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, besteht ebenfalls ein Risiko“, so Zapotocky. Es wäre falsch, jetzt alle riskanten Transaktionen als Spekulationsgeschäfte zu verteufeln. Bei einer Verschärfung der Rahmenbedingungen sollte nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden.
Aktuell gibt es keine gesetzlichen Vorschriften, wie Bundesländer, Gemeinden oder staatsnahe Firmen ihr Geld veranlagen dürfen. Die meisten Institutionen haben zwar interne Regeln, doch diese sind oft mangelhaft. Der Rechnungshof hatte etwa kritisiert, dass es bei der ÖBFA, die für das Schuldenmanagement des Staates verantwortlich ist, keine adäquate Risikostreuung gab. Auch Krisentests seien unterlassen worden.
Im Aufsichtsrat der Agentur saßen zur Zeit der vom Rechnungshof besonders kritisierten Veranlagung des Jahres 2007 unter anderen Bernhard Felderer (IHS-Chef und Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses) sowie Josef Zechner (Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien). Beide wollten sich dazu auf „Presse“-Anfrage nicht äußern. Sie verwiesen auf ihre Geheimhaltungspflicht.
Aufsichtsräte waren informiert
„Die Aufsichtsräte wussten Bescheid“, sagte Gerhard Steger, Sektionschef im Finanzministerium und ÖBFA-Aufsichtsratschef. Er habe auch den damaligen Finanzminister, Wilhelm Molterer (ÖVP), zeitnah über die Causa informiert. „Die vom Immobilienmarkt ausgehende Finanzmarktkrise stellte die ÖBFA vor eine völlig neue Situation“, erklärte Molterer zu Angriffen der Sozialdemokraten, die ihm „Casinomanier“ vorwerfen. Nach Erkennen der dramatischen Entwicklung habe er, so Molterer, die Agentur angewiesen, die entsprechenden Veranlagungen zu stoppen. „Weiters erfolgte ohne Verzögerung eine umfassende Information des Rechnungshofs.“
Im Gegensatz zum Rechnungshof beziffert Martha Oberndorfer, seit dem Vorjahr Geschäftsführerin der Finanzierungsagentur, das Verlustpotenzial aus den betroffenen Geschäften mit 380 Mio. Euro. „Dem steht aber ein realisierter Betrag von Kassenveranlagungen in Höhe von 685 Millionen Euro gegenüber.“
Auf einen Blick
■Laut Finanzminister Josef Pröll soll es für Risikospekulationen mit Steuergeldern künftig keinen Platz mehr geben. Personelle Konsequenzen wegen der ÖBFA-Affäre lehnt der Minister ab.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2009)