Bildungsstandards: Mehr Geld für Brennpunktschulen?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bildungsministerin Heinisch-Hosek will, dass Schulen mit mehr benachteiligten Kindern mehr Mittel bekommen.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will die Ergebnisse der Bildungsstandard-Erhebungen zum Anlass nehmen, beim Finanzausgleich eine Neuverteilung der Ressourcen für die Schulen anzustreben. "Wir sollten über eine Sozialindexierung sprechen", so die Ministerin bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag.
Derzeit seien im Finanzausgleich zwar zusätzliche Mittel für Schulen etwa für Sprachförderung oder muttersprachlichen Unterricht vorgesehen. Die Situation habe sich aber seit dessen Abschluss Mitte der 2000er-Jahre in vielen Punkten geändert. Eine Sozialindexierung würde bedeuten, dass etwa Schulen mit vielen Kindern aus benachteiligten Schichten mehr Mittel bekommen.

Generell zeige sich aber, dass man mit den im Zuge der Bildungsreform angedachten Maßnahmen auf dem "absolut richtigen Weg" sei - etwa mit dem Ziel eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs und dem Bildungskompass, so Heinisch-Hosek. Zufrieden zeigte sie sich mit dem nur geringen Leistungsunterschied zwischen den Ländern. Das zeige, dass trotz der heterogenen Voraussetzungen das System funktioniere.

Der Test, für die im Vorjahr die Deutschkenntnisse aller Viertklässler in der Volksschule überprüft wurden, zeigen, dass knapp ein Drittel der Kinder die festgelegten Bildungsstandards nicht erreicht. Beim Rechtschreiben haben sogar 70 Prozent der Zehnjährigen Schwierigkeiten. Kinder aus Akademikerhaushalten sind ihren Mitschülern aus bildungsfernen Elternhäusern beim Lesen drei Lernjahre voraus.

"Pädagogischer Jackpot"

Der Kärntner Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger (SPÖ) nannte die Bildungsstandard-Erhebungen einen "pädagogischen Jackpot": Noch nie habe man so gute Daten über jeden Schüler bzw. jede Klasse erhalten. Auch er zeigte sich als Fan einer Sozialindexierung in Verbindung mit einer Autonomie an den Standorten, um über den Einsatz zusätzlicher Mittel zu entscheiden.

Die Schulaufsicht in den Mittelpunkt rückte sein oberösterreichischer Kollege Fritz Enzenhofer (ÖVP): Diese sollte mehr Möglichkeiten erhalten. Logischerweise sei jede Schule der Ansicht, dass sie mehr Mittel brauche.. Der Schulinspektor vor Ort, der mit der Lage am besten vertraut sei, habe wiederum wenig davon, wenn der Landesschulrat oder der Bund direkt Mittel vergebe. Er plädierte auch dafür, dass auch anhand der Standard-Ergebnisse der Landesschulrat stärker die Lehrerfortbildung steuern können solle. Notfalls müssten Lehrer dazu auch verpflichtet werden.

"Schockierend, inakzeptabel"

Alles anderes als begeistert sind die Oppositionsparteien. Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser empfindet sie als "schockierend". Er habe damit gerechnet, dass die Resultate nicht befriedigend ausfallen würden, aber dass Mängel in diesem Ausmaß diagnostiziert würden, sei erschreckend. In Kindergärten und Volksschulen müssten umgehend die nötigen Maßnahmen umgesetzt werden - und es dürfe kein Sparprogramm auf Kosten der Kinder geben.

Für NEOS-Chef Matthias Strolz ist es "inakzeptabel", dass 70 Prozent der Zehnjährigen das angepeilte Rechtschreibungs-Niveau nicht erreichen. "Wir brauchen rasch mehr Aufmerksamkeit für die Drei- bis Zehnjährigen". Er forderte eine neue Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Volksschule mit fließenden Übergängen - und eine Umstellung der Schulfinanzierung zu einem bedarfsorientierten Index-Modell.

Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel nahm die Tests zum Anlass für Kritik an der Bildungspolitik in der Bundeshauptstadt. Dass Wien Schlusslicht im Bundesländervergleich sei, zeige, dass die rot-grüne Bildungspolitik "ein völliges Desaster darstellt" - und ebenso ein "eklatanter Beweis", dafür, dass die Gesamtschule in Wien gescheitert sei.

(APA)

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