Doskozil will Soldaten an die EU-Außengrenze schicken

TREFFEN DER VERTEIDIGUNGSMINISTER DER ZENTRALEUROPAeISCHEN VERTEIDIGUNGSKOOPERATION (CEDC) IN WIEN
TREFFEN DER VERTEIDIGUNGSMINISTER DER ZENTRALEUROPAeISCHEN VERTEIDIGUNGSKOOPERATION (CEDC) IN WIENAPA/GEORG HOCHMUTH
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Verteidigungsminister Doskozil sammelt erste Verbündete für eine zivil-militärische Mission zum Schutz der EU-Außengrenze.

Wien.A ls Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil gestern insistierte, dass es ein „Ende der akademischen Debatten“ in der Flüchtlingskrise geben müsse und seine Idee einer zivil-militärischen EU-Mission vorstellte, waren hinter ihm zehn Fahnen aufgezogen. Die deutsche fehlte. Zuerst habe ihn Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf Kanzleramtschef Peter Altmaier verwiesen. Auf die Einladung an Altmaier gab es bis „heute keine Antwort“, sagt Doskozil.

Während die Achse Wien-Berlin lädiert ist, wehte gestern ein Hauch von Donaumonarchie durch das Hilton Danube Waterfront: Die Verteidigungsminister aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn (Stellvertreter), Slowenien und Kroatien waren gekommen. Sie bilden mit Österreich die Zentraleuropäische Verteidigungskooperation (CEDC). Polen war als Beobachter vertreten. Bisher drehten sich diese Treffen um Katastrophenschutz, gestern rückte die Migrationskrise alles andere in den Hintergrund, weshalb auch die Verteidigungsminister Serbiens, Montenegros und Mazedoniens zu Gast waren.

Doskozil will mithilfe der CEDC seiner Forderung nach einer zivil-militärischen EU-Mission Nachdruck verleihen. Der Vorschlag ist auch deshalb heikel, weil es bereits eine EU-Agentur für Grenzschutz gibt: Frontex. Doskozil hält die EU-Agentur für überfordert („nur 400 Mitarbeiter“). Frontex werde zwar wachsen, „aber wir können nicht warten“. Die EU-Mission solle „in Vorlage“ gehen: beim Grenzschutz, bei den Rückführungen, bei den Fluchtrouten. Zumal Frontex auch „Berührungsängste mit dem Militär“ habe, wie moniert wird: Die Agentur greife bisher auf keinen einzigen von 15 Militärpolizisten zurück, die Österreich angeboten habe. Die CEDC-Staaten wollen dagegen „militärische Ressourcen für Rückführungen“ nutzen. Das ist eine der Forderungen, die sie am 12. April an die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, übermitteln und am 18. April auf einem EU-Verteidigungsministertreffen diskutieren wollen. Bei den Rückführungen hakt es auch an fehlenden EU-Abkommen, etwa mit Marokko, wie Doskozil in einem Seitenhieb feststellt. Österreich könnte deshalb noch diesen Monat eine bilaterale Vereinbarung mit Marokko schließen, heißt es.

Die EU-Mission soll indes überall dort aushelfen, wo eine „gewisse Migrationslage“ entsteht, also würde etwa der Flüchtlingsstrom nach Bulgarien umschwenken, das an einer möglichen Ausweichroute liegt. Ein Assistenzeinsatz in Bulgarien? Wie die Mission und Österreichs Beitrag ausgestaltet wären, ist offen. „Es darf aber kein zweites Mal passieren, dass ein Staat wie Mazedonien alleingelassen wird.“ Mazedoniens Verteidigungsminister, Zoran Jolevski, schwärmte gestern von der „wichtigen politischen Unterstützung Österreichs“. Über die Schließung der Grenze zu Griechenland sagte er: „Mein Land hat es verdient, EU-Mitglied zu werden. Und wir helfen auch den Griechen, wenn wir zeigen, dass es über diese Route kein Vorankommen gibt.“

Die CEDC-Staaten wollen Mazedonien „besonders“ unterstützen. Skopje übermittelte Wien eine lange Wunschliste. Nach „Presse“-Informationen werden 50 Nachtsichtgeräte bereitgestellt. Das wird Doskozil am Mittwoch in Skopje bekannt geben. Die schwierigere Reise führt ihn zuvor nach Athen, wo er die Griechen „mit ins Boot holen will“. Sie waren gestern nicht dabei.
Bleibt die Frage, was geschieht, wenn Doskozils Missionspläne von der EU abgelehnt werden? Doskozil würde einen Alleingang erwägen, beschränkt auf „Humanitäres“, sagt er. Mehr ließe die Neutralität, das Wehrgesetz, nicht zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2016)

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