Hofburg: Eine Wahl mit Nebenwirkungen

THEMENBILD: PRAeSIDENTSCHAFTSKANZLEI / SPIEGELSAAL
THEMENBILD: PRAeSIDENTSCHAFTSKANZLEI / SPIEGELSAALAPA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Am 24. April geht es um mehr als den Bundespräsidenten. Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner könnten in Bedrängnis kommen – und Heinz-Christian Straches Kanzlerchancen geringer werden.

Wien. Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner mögen den Gedanken daran verdrängt haben, aber auszuschließen ist dieses Szenario nicht: dass es nämlich weder SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer noch ÖVP-Kandidat Andreas Khol in die Stichwahl um das Bundespräsidentenamt schafft.

Es würde einmal mehr den Bedeutungsverlust der Großen Koalition und ihrer Protagonisten zeigen, dieses Mal eben auf die Bühne Hofburg projiziert. Zu einer Neuwahl käme es deshalb aber nicht. Das könnten und wollten die Regierungsparteien nicht riskieren. Sie würden der FPÖ freiwillig Platz eins überlassen.

Doch noch ist nichts entschieden. Man sollte die Mobilisierungskraft des roten und des schwarzen Parteiapparats nicht unterschätzen. Drei Wochen bleiben noch Zeit für einen Wahlkampf, in dem das bürgerliche Lager gespalten ist wie nie. Und in dem auch die Oppositionsparteien etwas zu verlieren haben. Die einen mehr, die anderen weniger. Über die Risken und Nebenwirkungen der Bundespräsidentenwahl.


In der SPÖ geht es am 24. April auch um Faymanns Zukunft. Scheitert Hundstorfer, bekommt der Kanzler parteiintern Probleme. Wieder einmal. Das Murren in Wien über die neue burgenländische Linie in der Flüchtlingspolitik der Bundespartei könnte lauter werden. Denn Bürgermeister Michael Häupl würde die Seinen dann nicht mehr mit dem Geschlossenheitsargument ruhigstellen können. Die Wahl wäre ja schon vorbei.

Das Worst-Case-Szenario für Faymann ist ein offener Richtungsstreit, der sich von der Obergrenze auf ihn überträgt und beim Parteitag im Herbst oder schon davor zu einer Personaldebatte führt. Christian Kern lässt grüßen. Alfred Gusenbauer auch.

Problematisch könnte es auch für den Vizekanzler werden. Khol ist Mitterlehners Erfindung. Die Konsequenzen einer verpassten Stichwahl müsste auch – oder vor allem – der Parteiobmann tragen. Unaufgearbeitete Konflikte, die an der Parteibasis schwelen, würden aufbrechen. Am Wirtschaftsflügel hat sich durch die Steuerreform eine Menge Frust angestaut: Stichwort Registrierkasse.

Es ist also – und wir reden hier immerhin über die ÖVP – nicht auszuschließen, dass sich einige dann einen neuen Parteichef wünschen. Zum Beispiel Außenminister Sebastian Kurz, der schon beim letzten Mal Chancen gehabt hätte. Aber nicht wollte.

Auch ein anderer könnte dieses Mal schlecht aussteigen: Erwin Pröll, nach wie vor Landeshauptmann von Niederösterreich, hat seine Entscheidung lang hinausgezögert. Das hat Khol und die Partei wertvolle Vorbereitungszeit gekostet.


Die gute Nachricht für die Freiheitlichen lautet: Norbert Hofer, der zur Kandidatur erst überredet werden musste, hat nicht die schlechtesten Chancen, in die Stichwahl am 22. Mai zu kommen. Und dort ist dann alles möglich.

Aber einen Bundespräsidenten Hofer wird sich Parteiobmann Heinz-Christian Strache vielleicht gar nicht wünschen. Denn das ist die schlechte Nachricht: Mit einem freiheitlichen Staatsoberhaupt sinken die Chancen der FPÖ auf das Kanzleramt. Beides würden nicht genug Protestwähler wollen. So gesehen muss Strache eher den Wahlsieg als die Niederlage fürchten. Im Team Stronach würde man das ein Luxusdilemma nennen.

Die Grünen hatten ursprünglich nichts zu verlieren, als Alexander Van der Bellen als Außenseiter antrat. Wäre er in dieser Rolle wider Erwarten Bundespräsident geworden, hätte die Partei zeigen können, dass sie neben dem Mitregieren in einigen Bundesländern auch das kann. Und Eva Glawischnig wäre ihrem Ziel, 2018 Teil der nächsten Bundesregierung zu werden, einen weiteren Schritt nähergekommen.

Aber jetzt, da Van der Bellen seit Wochen in allen Umfragen souverän führt, haben die Grünen plötzlich doch etwas zu verlieren. Intern steigt der Erfolgsdruck. Und extern wird Van der Bellen nicht an der Ausgangsposition gemessen werden, sondern an den guten Zwischenzeiten. Und verbockt – das ist die eher unlustige Pointe für die Grünen – hätte es im Fall des Falles die Partei, von der sich Van der Bellen distanziert hat, um auch andere Wähler anzusprechen.
Die Neos haben sich mit ihrer Teilunterstützung für die Unabhängige Irmgard Griss letztlich dann doch etwas weiter aus dem Fenster gelehnt. Das kann gut gehen. Oder auch nicht. Hinterher wird man entweder behaupten können, man habe der ehemaligen OGH-Präsidentin die Flügel gehoben. Oder einräumen müssen, dass man den falschen Kandidaten umarmt hat.

Weitere Infos:www.diepresse.com/bpwahl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

THEMENBILD: BUNDESKANZLERAMT - PRAESIDENTSCHAFTSKANZLEI
Leitartikel

Ein Horrorfilm namens Hofburg

Den Wahlkampf prägen Umfragen und Krisenszenarien. Die Frage lautet nicht: Moralonkel oder Anstandstante? Sondern: Österreich gut verkaufen oder nicht?
BP-WAHL: PLAKAT DES PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATEN VAN DER BELLEN (GRÜNE)
Politik

Grüne: "Bereiten uns auf jeden vor"

Wer schafft es in die Stichwahl? Kampagnenvorbereitungen sind diesmal besonders herausfordernd, findet man in Van der Bellens Team.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.