Mondlandung sorgt für Astro-Boom

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Wiener Sternwarten und Planetarien verzeichnen Besucherzuwächse – nur der Mond spielt nicht mit.

WIEN. Wien bei Nacht. Der Blick vom Kahlenberg schwenkt über die Donau, vorbei am beleuchteten Millennium Tower in Richtung Innenstadt. Doch die Menschenmenge auf der Aussichtsterrasse hat keine Augen für das Panorama der Stadt – ihr Fokus liegt höher.

Einige Dutzend sind es, die regelmäßig von hier aus mit langen Fernrohren in den Nachthimmel schauen. Und es werden mehr. „Wir spüren ein gestiegenes Interesse“, sagt Alexander Pikhard, Präsident der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie, der die öffentliche Sternenbeschau organisiert. Der ersten Mondlandung sei Dank, die zum 40. Jahrestag wieder durch alle Medien geistert. Und Galileo Galilei, der vor 400 Jahren erstmals mit einem Teleskop in die Sterne schaute – ein Jubiläum, dem das Internationale Jahr der Astronomie gewidmet ist.

„Das hat schon für einen Boom gesorgt“, sagt Thomas Posch, Astronom an der Wiener Universitätssternwarte. Die zahlreichen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr hätten die Astronomie stärker ins Licht gerückt und damit das Interesse geweckt.

Preisgünstige Teleskope

Dazu kommt, dass Teleskope jetzt auch schon um wenig Geld – sogar beim Supermarktdiskonter – zu kaufen sind. Der Blick auf Mond und Sterne ist längst zu einem Massenhobby geworden. „Wir verkaufen vier bis fünf Stück am Tag“, erzählt Thomas Nawratil, Fachberater im Teleskop & Sternwarte Zentrum, einem der größten Fachgeschäfte in Wien. Von 70 bis zu 2000 Euro reicht das Preisspektrum, in dem sich Privatnutzer bewegen. „Für Einsteiger“, so Nawratil, „sind 400 bis 500 Euro normal“.

Aber Himmelsbeobachtung geht auch ganz ohne Teleskop. Etwa im Sterngarten Georgenberg in Wien-Liesing, das Leiter Hermann Mucke liebevoll „Freiluftplanetarium“ nennt. Von einer Stufenpyramide aus wird die Bewegung des Mondes und der Sterne beobachtet, Masten und Säulen, die etwa den Ort des Sonnenaufgangs zur Sommersonnenwende markieren, dienen zur Orientierung.

Die größte Faszination, meint Mucke, geht natürlich vom Mond aus: „Er ist das auffälligste Himmelsgestirn.“ Schon mit freiem Auge sind Konturen auf der Oberfläche zu erkennen. Und beim Blick durch das Teleskop auf den Erdtrabanten stellt sich sogar „ein Wow-Effekt“ ein, wie Peter Habison, Direktor der Astronomischen Einrichtungen der Stadt Wien, meint. Gerade zu Halbmondzeiten ist dieser Effekt besonders groß, weil dann die Schattenwürfe am besten zu sehen sind.

Fußabdrücke nicht zu sehen

Rund um das Mondlandung-Jubiläum selbst sieht es mit dem Beobachten allerdings nicht allzu gut aus. Das liegt zum einen daran, dass es kurz vor Neumond ist. Zum anderen „geht der Mond am Montag um 2.41 Uhr morgens auf“, so Astronom Posch. Geführte Jubiläumsbeobachtungen zu dieser Zeit fallen also eher flach.

Noch dazu ist das Jubiläum selbst astronomisch nicht wahnsinnig spannend – eine Mond- oder Sonnenfinsternis gibt zum Beobachten weit mehr her. Letztere findet kommenden Mittwoch sogar rund um das Jubiläum statt – allerdings nur in China. Außerdem: Selbst mit guten Teleskopen sind die Spuren der Mondlandung nicht zu erkennen. Weder die US-Fahne im Boden noch ein Fußabdruck der Astronauten.

Für Hobbyastronomen heißt es daher in den nächsten Tagen, nach Alternativen zum Mond Ausschau zu halten. Halbwegs gut sichtbar ist derzeit der Jupiter mit seinen Monden. Anfang August kommt mit den Perseiden ein Strom an Sternschnuppen über den Nachthimmel. Und im Zweifelsfall bleibt am Kahlenberg immer noch das Panorama.

TIPPS

Planetarium Wien: Di., 21. Juli, 18 Uhr: Eine Reise durch die Nacht. Show zum Mond und zum Sternenhimmel. Info: www.planetarium-wien.at

Urania Sternwarte: Do., 23. Juli, 21 Uhr: Die Akte Apollo. Fakten und Hintergründe zur ersten bemannten Mondmission. Info: www.urania-sternwarte.at

Universitätssternwarte: Mo., 20. Juli, 15–17 Uhr: Wer fliegt mit zum Mond? Raketenstarts mit Spielzeugraketen für Kinder. Info: astro.univie.ac.at

Sterngarten Georgenberg: Sa., 18., und So., 19. Juli, 21.30 Uhr: Sommer-Sternbilderschau. Nur bei Schönwetter. Info: www.astronomisches-buero-wien.or.at

Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie: An einem Samstag im Monat mobile Volkssternwarte am Kahlenberg. Info: www.waa.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2009)

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