Grüne eröffnen Wettlauf um den neuen Rechnungshof-Präsidenten, Schwarz-Blau hat ein Blockadeinstrument.
Es geht um eine der wichtigsten Personalentscheidungen in der Republik: Nach zwölf Jahren läuft Ende Juni die Amtszeit von Josef Moser, einst FPÖ-Klubdirektor, aus. So gesehen war es bisher verdächtig ruhig um die Nachfolge, über die spätestens im Juni entschieden werden muss.
Es gibt einen Favoriten: Gerhard Steger, Ex-Sektionschef im Finanzministerium. Bis zur Bundespräsidentenwahl am 24. April haben SPÖ und ÖVP alle Hände voll zu tun, damit es ihre Kandidaten, Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol, in die Stichwahl am 22. Mai um die Nachfolge von Heinz Fischer in der Hofburg schaffen.
Grünen-Chefin Eva Glawischnig hat den Dienstag für einen öffentlichen Aufschrei genützt, da Rot und Schwarz noch nicht einmal einen Zeitplan für die Kür des neuen Chefs im Rechnungshof fixiert haben. Sie vermutet, dass dies bewusst passiere, weil die Regierungsparteien alle mit einem Vorschlag überrumpeln wollten, der Teil eines „riesigen Personalpakets“ sei. Glawischnig verlangt ein öffentliches Kandidaten-Hearing.
Uneigennützig erfolgt der Vorstoß der Grünen nicht. Sie haben eine Kandidatin zur Hand, die auch außerhalb der Grünen als befähigt für die Spitze des Kontrollorgans gilt: die Oberösterreicherin Gabriela Moser (nicht mit Josef Moser verwandt).
Entschieden wird erst nach der Hofburg-Wahl. Formaler Grund ist, dass der Fahrplan erst am 22. April in der Präsidiale des Hohen Hauses beraten wird. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) beruhigt, über die Nachbesetzung könne rechtzeitig im Juni entschieden werden.
Dabei könnte es durchaus zu einem Personaldeal kommen. Alles hängt vorerst davon ab, wer das Rennen um die Hofburg macht – auch ob Steger als Rechnungshof-Präsident zum Zug kommt. Wird der der SPÖ zugerechnete, anerkannte Budgetexperte, der schon im Rechnungshof arbeitet, vorgeschlagen, würde sich die ÖVP, von der seine Kenntnis ebenfalls geschätzt wird, bei der Ablehnung schwertun. Wahrscheinlicher ist daher, dass die ÖVP selbst bei der Neubesetzung im ORF im August etwas herausschlagen möchte. Außerdem steht 2017 die Nachbesetzung von Gerhart Holzinger als Präsident des Verfassungsgerichtshofs an. Ein Druckmittel hat die ÖVP gegenüber der SPÖ: Schwarz-Blau kann im Hauptausschuss des Parlaments gemeinsam einen Beschluss blockieren.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)